Merkblatt Güterkraftverkehr

A) Betriebswirtschaftliche Tipps zur Existenzgründung


Sie möchten sich als Güterkraftverkehrsunternehmer/in selbständig machen. Bitte prüfen Sie unabhängig von den einzuhaltenden Gewerbevorschriften als Erstes, ob sich Ihr persönliches Engagement und Ihr Kapitaleinsatz lohnen werden.
Hierzu einige Anhaltspunkte:

1. Marktsituation
Ausgangspunkt für eine Prognose Ihres wirtschaftlichen Erfolgs ist der erzielbare Umsatz. Dieser wird u.a. beeinflusst von der Konkurrenzsituation, dem Standort und auch Ihrem Können und Einsatz. Die Konkurrenzsituation ist zurzeit gekennzeichnet durch gleich bleibend niedrige Transportpreise bei steigenden Kosten. Der Prozentsatz der Geschäftsaufgaben ist deshalb im Güterkraftverkehrsgewerbe im Vergleich zu den anderen Wirtschaftszweigen überdurchschnittlich hoch. Die Gefahr, für das wirtschaftliche Überleben zu geringe Umsätze zu erzielen, ist umso größer, je höher der Anteil der Transportaufträge ist, den Sie täglich neu akquirieren müssen. Leichter ist es, wenn Sie bereits Aussicht auf feste Auftraggeber (Industrie, Handel, Spedition) und möglichst auch Umsatzzusagen haben. Prüfen Sie die Ihnen angebotenen Verträge eingehend!
2. Betriebskosten
Stellen Sie den erwarteten oder in Aussicht gestellten Monatsumsätzen die voraussichtlichen monatlichen Kosten Ihres späteren Unternehmens gegenüber. Das sind z.B. Kosten, die durch den Betrieb des Fahrzeugs entstehen (Reparaturen/Ersatzteile/Wartung, Kraftstoffe, Schmierstoffe, Reifen, Kfz-Steuer, Kfz-Versicherung). Hinzu kommen die Kosten, die auch dann entstehen, wenn Sie keine Transportaufträge haben, wie Finanzierungskosten für das Fahrzeug (Kreditkauf, Miete, Leasing), Beiträge zur Berufsgenossenschaft und Steuerberatung. Ein Beispiel: die Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung kann bei einem Fahrzeug mit einer Nutzlast von 3,5 t und einer Selbstbeteiligung von 511 Euro monatlich rund 562 Euro kosten.
3. Steuern
Die Gegenüberstellung des Umsatzes und der Kosten ergibt Ihr voraussichtliches Unternehmensergebnis.
Bitte beachten Sie, dass Gewinne grundsätzlich gewerbesteuer- und einkommensteuerpflichtig (bei GmbH körperschaftsteuerpflichtig) sind. Die erste Steuerzahlung wird erfahrungsgemäß erst ein bis zwei Jahre nach Abschluss des ersten Geschäftsjahres fällig, wenn der Jahresabschluss dem Finanzamt mit der Steuererklärung vorgelegt wird. Bilden Sie rechtzeitig Rücklagen (Guthaben), damit Sie dann finanziell nicht überfordert sind.
Machen Sie am Anfang Ihres Unternehmerdaseins gegenüber dem Finanzamt keine optimistischen Gewinnschätzungen. Sie werden sonst zu hohen Vorauszahlungen aufgefordert, die bezahlt werden müssen.
Beachten Sie bitte ferner, dass Umsatzsteuer und Lohnsteuer von Anfang an monatlich, vierteljährlich oder jährlich bei Überschreiten bestimmter Beträge entrichtet werden müssen. Die Finanzverwaltung gibt für Existenzgründer leider keinen "Existenzgründungsbonus".
4. Lebensunterhalt
Denken Sie an Ihren Lebensunterhalt; auch als Unternehmer/in müssen Sie Ihren privaten Zahlungsverpflichtungen nachkommen wie Miete für Privatwohnung/Hypothekenablösung für Privathaus, Nebenkosten (u.a. Heizung, Strom, Müllabfuhr), Ratenkredite und allgemeine Lebenshaltungskosten. Außerdem sollten Sie Ihren persönlichen Versicherungsschutz wie Krankenversicherung, Altersvorsorge und Pflegeversicherung in ausreichendem Maße berücksichtigen. Diese Beiträge haben Sie als Unternehmer/in aber ebenso wie den Solidaritätszuschlag allein zu tragen. Hinzu kommen z.B. Unfall- und Krankentagegeldversicherung.
5. Finanzplanung
Viele Existenzgründer im Verkehrsgewerbe scheitern an zu geringem Eigenkapital und an einer unzureichenden oder zu teuren Finanzierung. Deshalb ermitteln Sie sorgfältig, wie hoch Ihr Kapitalbedarf ist und über welche Eigenmittel Sie verfügen. Kalkulieren Sie Anlaufverluste ein. Die Kreditkosten der Banken und Sparkassen sind unterschiedlich. Holen Sie Finanzierungsangebote ein und vergleichen Sie. Öffentliche Finanzierungshilfen sind vor rechtlicher Bindung bei Ihrem Kreditinstitut zu beantragen. Vor allem: treffen Sie erst dann verbindliche Entscheidungen, wenn Sie die Fachkundeprüfung bestanden haben und die gesamte Finanzierung steht.
6. Existenzgründung
Die IHK Frankfurt am Main führt Existenzgründungsseminare durch, in denen Sie wertvolle Entscheidungshilfen für die Vorbereitung und Durchführung Ihres Vorhabens erhalten können. Zum Finanzierungskonzept und eventuell möglicher Förderung aus öffentlichen Mitteln bieten wir jeden 1. Mittwoch im Monat (8.30 bis ca. 14.30 Uhr) in der IHK Frankfurt, Börsenplatz 4, einen Sprechtag mit Basisinformationen zur Existenzgründung an. Die Teilnahmegebühr beträgt 50 Euro und beinhaltet ausführliches Informationsmaterial. Eine Voranmeldung für den Existenzgründersprechtag ist nicht erforderlich.

Weitere Informationen: Existenzgründungsberatung 


B) Erlaubnispflicht im gewerblichen Güterkraftverkehr


Wenn Sie als Unternehmer im gewerblichen Güterkraftverkehr mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t (einschließlich Anhänger, unabhängig davon, ob es sich um Pkw oder Lkw handelt) betreiben wollen, benötigen Sie dazu eine Erlaubnis der hierfür zuständigen Verkehrsbehörde.
Für grenzüberschreitende Güterkraftverkehre mit Staaten der Europäischen Union (EU) und den zusätzlichen, nicht zur EU gehörenden Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), d.h. Norwegen, Island, Liechtenstein, Großbritannien und Schweiz benötigen Sie eine sogenannte Gemeinschaftslizenz (auch „EU-Lizenz“ genannt). Diese können Sie ebenfalls für innerdeutsche Verkehre einsetzen; sie berechtigt darüber hinaus auch zu innerstaatlichen Verkehren in anderen EU-/EWR-Staaten (sog. Kabotageverkehre).
Verkehre mit nicht zur EU/zum EWR gehörenden Drittstaaten (z.B. Polen) können Sie u.a. mit der Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr (für den innerdeutschen Streckenanteil) in Kombination mit bilateralen Genehmigungen (für die Drittstaaten-Streckenanteile) durchführen.

C) Versicherungspflicht nach GüKG


Der Unternehmer hat sich nach § 7a Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) in Form einer Haftpflichtversicherung für den Güterkraftverkehr gegen alle Schäden zu versichern, für die er bei innerstaatlichen Güterbeförderungen nach dem vierten Abschnitt des Handelsgesetzbuches (HGB) in Verbindung mit dem Frachtvertrag haftet. Er hat dafür zu sorgen, dass während der Beförderung ein gültiger Versicherungsnachweis mitgeführt wird.
 

D) Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung


Neben der Antragstellung bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, sind die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers und ggf. der für die Führung der Geschäfte bestellten Person sowie die finanzielle Leistungsfähigkeit und die fachliche Eignung des Unternehmers oder der zur Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte bestellten Person nachzuweisen.
1. Finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens
Zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit dürfen das Eigenkapital und die Reserven Ihres Unternehmens nicht weniger als 9.000 Euro für das erste Fahrzeug und 5.000 Euro für jedes weitere Fahrzeug betragen.
2. Nachweis der Zuverlässigkeit
Zum Nachweis der Zuverlässigkeit des Unternehmers und der ggf. zur Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte bestellten Person müssen Sie der Genehmigungsbehörde verschiedene Dokumente vorlegen (u.a. polizeiliches Führungszeugnis, Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamtes und der Krankenkasse, Auszug aus dem Gewerbezentralregister).
Nähere Einzelheiten zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Zuverlässigkeit erfahren Sie im Rahmen der Antragstellung bei der Verkehrsbehörde.
3. Nachweis der fachlichen Eignung
Die fachliche Eignung kann nachgewiesen werden durch:
  • Fachkundeprüfung:
    Der Bewerber legt vor der örtlich zuständigen IHK seine Prüfung ab. Örtlich zuständig ist die IHK, in deren Gebiet der Bewerber seinen Wohnsitz hat. Die IHK stellt nach bestandener Prüfung eine Fachkundebescheinigung nach Muster der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 aus.
  • Anerkennung leitender Tätigkeit:
    Die leitende Tätigkeit muss für den Zeitraum von zehn Jahren, vom 4. Dezember 1999 bis 4. Dezember 2009 ohne Unterbrechung und in Unternehmen, die genehmigungspflichtigen Güterkraftverkehr betrieben haben, nachgewiesen werden. Die Tätigkeit muss die zur ordnungsgemäßen Führung eines Güterkraftverkehrsunternehmens erforderlichen Kenntnisse auf den Sachgebieten (siehe Orientierungsrahmen) vermittelt haben.
    Der IHK müssen hierzu aussagefähige Unterlagen vorgelegt werden, z.B. schriftliche Zeugnisse der Unternehmen, in denen die Tätigkeit geleistet wurde. Die IHK kann ein ergänzendes Beurteilungsgespräch führen, wenn die Unterlagen zum Nachweis der fachlichen Eignung nicht ausreichen.
    Örtlich zuständig ist die IHK, in deren Zuständigkeitsbereich der Bewerber seinen Wohnsitz hat. Die Entscheidung über einen Antrag auf Anerkennung leitender Tätigkeit ist gebührenpflichtig. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach der jeweils gültigen Fassung des Gebührentarifs der IHK.
  • Gleichwertige Abschlussprüfungen:
    Abschlussprüfung zum Speditionskaufmann/zur Speditionskauffrau,
    Abschlussprüfung zum Kaufmann/zur Kauffrau im Eisenbahn- und Straßenverkehr, Schwerpunkt: Güterverkehr,
    Abschlussprüfung zur Fortbildung zum Verkehrsfachwirt/zur Verkehrsfachwirtin,
    Abschlussprüfung als Diplom-Betriebswirt im Ausbildungsbereich Wirtschaft, Fachrichtung Spedition, der Berufsakademien Lörrach und Mannheim,
    Abschlussprüfung als Diplom-Betriebswirt im Fachbereich Wirtschaft I, Studiengang Verkehrswirtschaft und Logistik, Fachrichtung Güterverkehr, der Fachhochschule Heilbronn,
    Bachelor of Arts, Studiengang Betriebswirtschaftslehre/Spedition, Transport und Logistik der Berufsakademien Lörrach und Mannheim,
    Bachelor of Arts, Studiengang Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik, Vertiefungsrichtung Verkehrslogistik der Hochschule Heilbronn,
    wenn die Ausbildung vor dem 4. Dezember 2011 begonnen oder abgeschlossen worden ist. 
    Die örtlich zuständige IHK stellt Inhabern der genannten Abschlussprüfungen auf Antrag eine Fachkundebescheinigung aus. Örtlich zuständig ist die IHK, in deren Gebiet der Antragsteller seinen Wohnsitz hat.
    Die Ausstellung des Fachkundenachweises aufgrund der genannten Abschlussprüfungen ist gebührenpflichtig. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach der jeweils gültigen Fassung des Gebührentarifs der IHK.
Die IHK Frankfurt am Main ist für den Nachweis der fachlichen Eignung zuständig für die
- Stadt Frankfurt am Main,
- den Hoch-Taunus-Kreis,
- den Main-Taunus-Kreis,
darüber hinaus für die Bezirke der Industrie- und Handelskammern 
Darmstadt Rhein Main Neckar
Wiesbaden,
Offenbach am Main (Stadt und Landkreis) und
Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern.
Welche IHK für Ihren Wohnsitz zuständig ist, können Sie sich hier anzeigen lassen.


E) Nachweis der fachlichen Eignung durch eine Fachkundeprüfung

1. Struktur der Prüfung
Die Prüfung besteht aus zwei schriftlichen und gegebenenfalls einem ergänzenden mündlichen Prüfungsteil.
Die schriftlichen Prüfungsteile beinhalten:
  • schriftliche Fragen als Kombination aus Mehrfachwahlaufgaben (Multiple-Choice) mit vier Antworten zur Auswahl und Fragen mit direkter Antwort sowie
  • schriftliche Übungen / Fallstudien.
Die Dauer der schriftlichen Prüfung beträgt zwei Stunden für jeweils einen Prüfungsteil. Hinzu kommt ggf. ein bis zu einer halben Stunde dauernder mündlicher Prüfungsteil.
2. Bewertung der Prüfungsleistungen
Die Prüfungsleistungen werden in den schriftlichen Prüfungsteilen und in dem mündlichen Prüfungsteil mit Punkten bewertet.
Die Gesamtpunktezahl teilt sich wie folgt auf die Prüfungsteile auf:
schriftliche Fragen 40 %
schriftliche Übungen/Fallstudien 35 %
mündliche Prüfung 25 %.
Die Prüfung ist bestanden, wenn mindestens 60 % der möglichen Gesamtpunktzahl erreicht wurde, wobei der in jeder Teilprüfung erzielte Punkteanteil nicht unter 50 % der jeweils möglichen Punktezahl liegen darf. Anderenfalls ist die Prüfung nicht bestanden.
Die mündliche Prüfung entfällt, wenn der erzielte Punkteanteil in mindestens einem schriftlichen Prüfungsteil unter 50 % der jeweils möglichen Punktezahl liegt oder bereits in den schriftlichen Teilprüfungen mindestens 60 % der möglichen Gesamtpunktzahl erzielt wurden.
3. Prüfungssachgebiete
Die Sachgebiete, die Inhalt der Prüfung sind, können Sie dem Orientierungsrahmen entnehmen.
4. Anmeldung zur Prüfung
Die Anmeldung zur Prüfung erfolgt online über Klick auf Link.
Sie werden dann rechtzeitig zum nächstmöglichen Prüfungstermin eingeladen. Die Prüfungsgebühr richtet sich nach der Gebührenordnung der IHK Frankfurt am Main und ist bei Anmeldung fällig. Weitere Erläuterungen sind in der Online-Anmeldung beschrieben.
Die eingezahlte Prüfungsgebühr verfällt bei Fernbleiben des Prüfungsteilnehmers. Wird der Termin nach Erhalt der schriftlichen Einladung verschoben oder abgesagt, werden 50% der Prüfungsgebühr in Rechnung gestellt.
5. Prüfungsvorbereitung
Die Teilnahme an der Prüfung macht eine eingehende fachliche Vorbereitung erforderlich. Art und Umfang der Vorbereitung liegt in der eigenen Verantwortung des Prüfungsteilnehmers.
 
6. Punktbewertung der Prüfung
Schriftliche Prüfung
Fragen Teil 1 < 60 von 120 Pkte. = nicht bestanden
Fragen Teil 1 => 60 von 120 Pkte. und Übungen Teil 2 < 52,5 von 105 Pkte. = nicht bestanden
Fragen Teil 1 => 60 von 120 Pkte. und Übungen Teil 2 => 52,5 von 105 Pkte. somit insgesamt => 180 Pkte. (d.h. =>60% von 300 P bzw. => 80% von 225 P) Ja = bestanden
Fragen Teil 1 => 60 von 120 Pkte. und Übungen Teil 2 => 52,5 von 105 P aber insgesamt < 180 Pkte. (d.h. < 60% von 300 P bzw. < 80% von 225 P) Nein = mündliche Prüfung
Mündliche Prüfung
< 37,5 von 75 Pkte = nicht bestanden
=> 37,5 von 75 Pkte. und insgesamt => 180 Pkte. (=> 60 % von 300 P) Ja = bestanden
=> 37,5 von 75 Pkte. und insgesamt < 180 Pkte. (< 60 % von 300 P) Nein = nicht bestanden.