Zwischen den Kriegen (1914-1945)

Der Erste Weltkrieg zwang die preußische Regierung, auf dem Gebiet der öffentlichen Verwaltung Personal einzusparen.
Im Rahmen seiner Maßnahmen zur Rationalisierung des Behördenapparats drängte der preußische Minister für Handel und Gewerbe auch die Handelskammern, sich zu größeren Einheiten zusammen zu schließen. Auch wenn diesbezügliche Forderungen in erster Linie auf kleinere Handelskammern abzielten, so blieb doch die Handelskammer Frankfurt davon nicht unberührt.

1917 wurde der Handelskammer Frankfurt am Main die Landesstelle Hechingen-Sigmaringen angegliedert. Diese preußische Enklave im Königreich Württemberg hatte bislang noch keine eigene Handelskammer. Sie entsandte vier Vertreter in die Frankfurter Vollversammlung. Am 17. November 1919 beschlossen die Handelskammern Frankfurt am Main und Hanau (zu der auch der Bezirk der heutigen IHK Fulda gehörte) die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft unter dem Namen "Vereinigte Handelskammern Frankfurt a. M.-Hanau". Die beiden Kammern kamen überein, Angelegenheiten lokaler Natur weiterhin eigenständig zu behandeln, Vorgänge von überregionaler Bedeutung aber oder Probleme, die beide Kammerbezirke betrafen, einer gemeinsamen Hauptgeschäftsführung zu übertragen. Die endgültige Verschmelzung beider Kammern erfolgte zum 1. April 1922, wobei die Geschäftsstellen Hanau und Fulda als besondere Geschäftsstellen bestehen blieben. Der Name wurde - um der wachsenden Bedeutung der Industrie im Wirtschaftsleben Rechnung zu tragen - mit Wirkung vom 1. April 1924, wie überall in Preußen, in "Industrie- und Handelskammer Frankfurt a. M.-Hanau" umgewandelt. Die gleiche Verordnung räumte den preußischen Industrie- und Handelskammern die Möglichkeit ein, mit benachbarten Kammern Zweckverbände einzugehen.

Noch im gleichen Jahr, am 17. Juli, machte die Industrie- und Handelskammer Frankfurt a. M.-Hanau von dieser Möglichkeit Gebrauch und schloss sich mit den Industrie- und Handelskammern Dillenburg und Wetzlar unter der Bezeichnung "Verband Hessen-Nassauischer Industrie- und Handelskammern" zu einem Zweckverband zusammen. Vorort war Frankfurt a. M. Am 5. Januar 1925 bzw. 25. Mai 1928 schlossen sich auch die Industrie- und Handelskammern Limburg und Wiesbaden diesem Zweckverband an. Mit dem Beitritt von Wiesbaden 1928 war eine Neuaufteilung der Kammerbezirke verknüpft, deren Notwendigkeit sich daraus ergab, dass eine Reihe westlicher Vorortgemeinden inzwischen nach Frankfurt a. M. eingemeindet worden waren. Die bisher zum Kammerbezirk Wiesbaden gehörigen Gemeinden Höchst a. M., Griesheim, Nied, Sossenheim und Schwanheim sowie die Gemeinden Okriftel und Hattersheim aus dem Main-Taunus-Kreis kamen so zum Kammerbezirk Frankfurt a. M.-Hanau.

Am 1. Januar 1931 vereinigte sich die Industrie- und Handelskammer Frankfurt a. M.-Hanau mit der Industrie- und Handelskammer Wetzlar. Damit erreichte der Bezirk der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main zugleich seine größte Ausdehnung. Er bestand aus folgenden Gebieten:

  • dem Stadtkreis Frankfurt a. M.
  • dem Obertaunuskreis
  • den Gemeinden Schwalbach, Niederhöchststadt, Neuenhain, Altenhain, Kelkheim, Hornau, Fischbach, Ruppertshain, Eppenhain, Ehlhalten, Eppstein, Schloßborn, Glashütten, Hattersheim und Okriftel (Main-Taunus-Kreis)
  • dem Stadt- und Landkreis Hanau
  • dem Kreis Schlüchtern
  • dem Stadt- und Landkreis Fulda
  • dem Kreis Hinfeld
  • dem Kreis Gersfeld (Rhön)
  • den Hohenzollernschen Landen
  • dem Kreis Wetzlar
  • den Gemeinden Hermannstein, Naunheim, Waldgirmes, Rodheim a.d. Bieber, Fellinghausen, Königsberg, Frankenbach und Krumbach (Kreis Biedenkopf).

Nationalsozialismus

Mit der Machtergreifung Hitlers 1933 verloren die Industrie- und Handelskammern ihre Funktion als zwar der Staatsaufsicht unterstehende, aber dennoch weitgehend unabhängige Interessensvertretungen der regionalen Wirtschaft. Sie verwandelten sich in ein staatliches Organ, das sukzessive seine Selbständigkeit aufgeben musste und insbesondere seit 1939 fast ausschließlich mit der Organisation der Kriegswirtschaft betraut wurde. Eine Verordnung vom 27. August 1939 regelte die Übertragung staatlicher Aufgaben als Auftragsangelegenheiten an die Industrie- und Handelskammern und wies ihnen mit entsprechenden Durchführungsverordnungen die Sicherstellung der Produktionsfähigkeit der kriegswirtschaftlich wichtigen Industriebetriebe, der unentbehrlichen Verkehrs-, Kredit- und Versicherungsbetriebe sowie der Energieversorgung und darüber hinaus die Mitwirkung bei der Rohstoff- und Halbwarenbewirtschaftung zu.

Am 31. März 1933 trat das Präsidium der Industrie- und Handelskammer Frankfurt a. M.-Hanau geschlossen zurück. Die kommissarische Leitung übernahmen vorübergehend bis zur "Wahl" von Carl Lüer zum Präsidenten im September zwei Mitglieder der NSDAP. Der neue Aufbau der Kammerorganisation folgte dem "Führerprinzip". Für die Wahl des Präsidenten war nun nicht mehr das Votum der Mitglieder, sondern der Wille des Gauleiters entscheidend.

Am 28. April 1933 wurden die Industrie- und Handelskammern Limburg und Wiesbaden der Frankfurter Kammer angegliedert, die nun als Preußische Industrie- und Handelskammer für das Rhein-Mainische Wirtschaftsgebiet, Sitz Frankfurt a. M., firmierte. Bezirksstellen bestanden in Wiesbaden, Hanau, Fulda und Limburg. Sie hatten eigene Rechtspersönlichkeit und konnten über ihr Vermögen selbständig verfügen. Auch waren sie berechtigt, in Angelegenheiten, die ausschließlich ihren Bezirk betrafen, eigenständig Beschlüsse zu fassen. Der Zweckverband der Hessen-Nassauischen Industrie- und Handelskammern wurde aufgelöst. An seine Stelle trat der Rhein-Mainische Industrie- und Handelstag, dem auch die hessischen Industrie- und Handelskammern Bingen, Darmstadt, Friedberg, Gießen, Mainz, Offenbach a. M. und Worms angehörten. Dieser wiederum wurde im März 1935 im Zuge der einheitlichen Neuordnung und des "ständischen Aufbaus" der Wirtschaft durch die Wirtschaftskammer Hessen abgelöst. Die Wirtschaftskammer Hessen war die gemeinsame Vertretung der in ihrem Bezirk vorhandenen fachlichen Gliederungen der Organisation der gewerblichen Wirtschaft, der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern und der Organisation des Verkehrsgewerbes. Ihr Bezirk umfasste das Land Hessen und die preußische Provinz Hessen-Nassau (ohne die Kreise Biedenkopf, Dillenburg und die Herrschaft Schmalkalden sowie einige Gemeinden des Kreises St. Goarshausen). Geschäftsstelle der Wirtschaftskammer war die Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main.

Am Ende der Gleichschaltungsmaßnahmen der Nationalsozialisten stand am 1. Januar 1943 die Auflösung der Industrie- und Handelskammer für das Rhein-Mainische Wirtschaftsgebiet und der Wirtschaftskammer Hessen. An ihre Stelle trat die Gauwirtschaftskammer Rhein-Main, die hinsichtlich ihrer Funktion gewisse Übereinstimmungen mit der Wirtschaftskammer aufwies, die aber nichts mehr mit den früheren Industrie- und Handelskammern verband. In § 2 der Satzung der Gauwirtschaftskammer heißt es über deren Aufgaben: Die Gauwirtschaftskammer vertritt die Wirtschaft ihres Bezirks und die Träger der gebietlichen Gemeinschaftsarbeit. Sie hat für eine einheitliche Lenkung und Ausrichtung der bezirklichen Wirtschaft Sorge zu tragen. Die Kammer hat in eigener Verantwortung die Gesamtbelange der Wirtschaft ihres Bezirks wahrzunehmen und zu fördern sowie die wirtschaftlichen Interessen auszugleichen. Sie hat die ihr durch Gesetz, Verordnung oder durch Erlass des Reichswirtschaftsministers übertragenen staatlichen Aufgaben durchzuführen. Sie hat die Aufgabe, die selbstverantwortliche Gemeinschaftsarbeit der Wirtschaft zu fördern und damit der Volksgemeinschaft zu dienen. Bei der Betreuung der Wirtschaft hat die Kammer den Staat in seiner Wirtschaftsführung zu unterstützen und dem Gauleiter bei der Durchführung seiner Aufgaben zur Verfügung zu stehen. Die Gauwirtschaftskammer war somit in erster Linie Trägerin staatlicher Funktionen. Das ergab sich aus der Bindung an den Gauleiter, aber auch aus der Tatsache, dass ihr Aufgaben übertragen wurden, die bislang von den staatlichen Landeswirtschaftsämtern wahrgenommen worden waren.

Der Bezirk der Gauwirtschaftskammer Rhein-Main war im Wesentlichen mit dem Gebiet des NS-Gaues Hessen-Nassau identisch. Anders als bei der Wirtschaftskammer Hessen gehörte das kurhessische Gebiet (inklusive Fulda, das der Gauwirtschaftskammer Kurhessen zugeschlagen worden war) nicht dazu. Die Landesstelle Hechingen der Frankfurter Kammer wurde der Gauwirtschaftskammer Württemberg-Hohenzollern zugeteilt und kam 1945 zur Industrie- und Handelskammer Ravensburg.