Ausschuss Finanzdienstleistungen
Zukunft mitgestalten.
Der Ausschuss Finanzdienstleistungen der IHK Frankfurt macht sich im wirtschaftspolitischen Diskussions-
und Meinungsbildungsprozess für die Interessen verschiedener Teilbranchen des Finanzsektors stark.
Der Finanzdienstleistungssektor befindet sich in einem gewaltigen Umbruch. Erhöhte regulatorische Anforderungen, gestiegene Kundenansprüche, historische Niedrigzinsen und der Digitalisierungstrend sind nur einige Einflussfaktoren, die auf die Branche einwirken. Gemeinsam ist ihnen, dass sie die Unternehmen dazu zwingen, ihre Geschäftsmodelle grundlegend zu überdenken.
Der Ausschuss Finanzdienstleistungen setzt sich intensiv mit Herausforderungen und Entwicklungslinien im Finanzsektor sowie seiner Teilbranchen auseinander. Seine 24 Mitglieder decken mit ihrer Expertise ein breites Feld an Berufsgruppen von der Anlageberatung und -vermittlung über Factoring, Leasing und Private Equity bis hin zu Vermögensverwaltung und Versicherungsvermittlung ab. Über 8 000 Unternehmen sind im IHK-Bezirk in diesen Segmenten tätig und tragen zur Stellung Frankfurts als wichtigstem Finanzplatz in Kontinentaleuropa bei.
Erklärtes Ziel des Ausschusses ist es, Handlungsbedarfe und Ansätze für eine zukunftsorientierte Branchenpolitik aufzuzeigen, auf die Rechtsetzung der Europäischen Union und der Bundesregierung Einfluss zu nehmen, eigene Vorschläge für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen einzubringen und das wirtschaftliche und regulatorische Umfeld der Unternehmen so zu gestalten, dass sie im Wettbewerb bestehen können.
Entsprechend umfangreich ist sein Themenspektrum: Es umfasst die Regulierung des grauen Kapitalmarkts oder die Auswirkungen veränderter regulatorischer Anforderungen auf das Leasing- und Factoringgeschäft genauso wie Maßnahmen zur Verbesserung der Risikokapital- und Beteiligungsfinanzierung in Deutschland, um Innovation, Start-up-Aktivitäten und das Wirtschaftswachstum zu forcieren. Im Fokus stehen auch die Auswirkungen der Nullzinspolitik und der billionenschweren Wertpapierkäufe der EZB auf die Stabilität der Finanzmärkte, ebenso die Folgen des Brexits für den Finanzplatz Frankfurt. Aktuelles Augenmerk gilt der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD, die völlig neue Regeln nicht nur für die Versicherungsvertreter und -makler, sondern auch für den Direktvertrieb durch Versicherungsunternehmen aufstellt.
Eingehend hat sich der Ausschuss außerdem mit der nationalen Umsetzung der europäischen Finanzmarktrichtlinie Mifid II befasst. Dieses Regelwerk wird die Anlageberatung und andere Wertpapierdienstleistungen verändern wie kein Gesetz zuvor.
Insbesondere der Beratungsprozess – von der Erstinformation über die Erhebung der Kundenwünsche und -bedürfnisse bis zur Produktauswahl und zur Dokumentation – ist umzustellen. Für erhebliche Unruhe hatten in der Branche zunächst Pläne gesorgt, ein generelles Provisionsverbot im Vertrieb von Finanzprodukten einzuführen und die Beratung gegen Honorar zum Standard zu machen.
Dieser kritischen Gesetzesentwicklung konnte der Ausschuss erfolgreich entgegensteuern. Intensiv setzte er sich in Stellungnahmen dafür ein, das bewährte Nebeneinander von Honorar- und Provisionsberatung zu erhalten und so den Zugang aller Bevölkerungsschichten zu Finanzprodukten zu sichern. In einem bundesweit viel diskutierten Positionspapier hatte er zuvor an den Gesetzgeber appelliert, die Honorarberatung auf eine eigene gesetzliche Grundlage zu stellen und damit eine Alternative zu den bestehenden Vertriebsstrukturen zu schaffen.
Ebenfalls nahm der Ausschuss eine kritische Bewertung der bisherigen Arbeiten zur Kapitalmarktunion vor, mit der die Europäische Kommission Hemmnisse im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr beseitigen und Finanzierungsquellen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen und Start-ups, erschließen möchte. Zwar erkennt der Ausschuss ausdrücklich die perspektivische Verbesserung der Finanzierungsbedingungen für die EU-Wirtschaft an, warnt jedoch davor, die regulatorischen Anforderungen für die Vergabe von Krediten durch die Banken zugleich zu erhöhen, da die Betriebe mehrheitlich für eine Kapitalmarktfinanzierung zu klein sind. Gerade die mittelständisch geprägte deutsche Wirtschaft braucht traditionelle Bank- und Finanzdienstleistungsangebote als zentrale Säule.
Angesichts der Fülle an Änderungen und Ergänzungen im regulatorischen Rahmenwerk der Finanzmärkte sieht der Ausschuss eine große Gefahr für die Realwirtschaft. Er macht sich dafür stark, dass die Unternehmen zur Deckung ihrer Finanzierungsbedarfe für Gründungen und Investitionen, aber auch für Forschungs- und Entwicklungsausgaben ein breit differenziertes Angebot an Finanzierungsformen vorfinden.
Beim internationalen Vergleich bleibt vor allem der Ausbau von Wagniskapital- beziehungsweise Beteiligungsfinanzierungen für die deutsche Wirtschaft bedeutsam. Die Bedingungen hierfür sollte die Politik durch eine investitionsfreundliche Gesetzgebung verbessern. Zudem eröffnet die Digitalisierung in der Finanzbranche ganz neue Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung und kann – kombiniert mit klassischen Finanzierungsformen – für einige Unternehmen eine gute Alternative sein. Der Ausschuss fordert deshalb vom Gesetzgeber, den Rechtsrahmen für die digitale Finanzwirtschaft praxisgerecht und zukunftsfähig weiterzuentwickeln.
Autoren
Kai Ostermann
Vorsitzender (bis 27. September), Ausschuss Finanzdienstleistungen, IHK Frankfurt
service@deutsche-leasing.com
Dietmar Vogelsang
Stellvertretender Vorsitzender, Ausschuss Finanzdienstleistungen, IHK Frankfurt
dvogelsang@vogelsang-sachs.de