Force-majeure-Klauseln

Insbesondere im internationalen Geschäftsverkehr werden häufig so genannte „Force-majeure-Klauseln“ in Verträgen eingesetzt. Hierbei ist zunächst zu überprüfen, welches Recht zwischen den Parteien vereinbart wurde, z.B. deutsches oder chinesisches Recht. Sollte es zu Lieferengpässen oder -ausfällen kommen, muss der Inhalt der Klauseln genau betrachtet werden, insbesondere ob darin eine abschließende Aufzählung von Fällen höherer Gewalt erfolgt ist. Sollte ein in der Force-majeure-Klausel vorgesehener Fall vorliegen, hat dies allerdings nicht zwangsläufig die Konsequenz, dass ein Unternehmen zu jeglicher Leistungsverweigerung berechtigt ist. Vielmehr muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Force-majeure-Klausel greift. Wichtig ist in jedem Fall, dass Unternehmen ihre Vertragspartner rechtzeitig über die Situation informieren, um diese vor Folgeschäden zu schützen.

Was ist eine Force-majeure-Klausel?

Im deutschen Recht existiert keine gesetzliche Definition der höheren Gewalt. Es existieren jedoch Definitionsversuche, zum Beispiel:
Höhere Gewalt liegt immer dann vor, wenn ein unabwendbares und unvorhersehbares schadensverursachendes Ereignis nach Vertragsschluss von außen eintritt, welches auch bei Anwendung der äußerst zumutbaren Sorgfalt weder abgewendet noch unschädlich gemacht werden kann.
Hierbei handelt es sich um eine äußerst abstrakte Beschreibung der Ereignisse höherer Gewalt, die viel Interpretationsspielraum bieten. Es empfiehlt sich daher, im grenzüberschreitenden Warenverkehr in den Force-majeure-Klauseln eine umfangreiche Beschreibung der Ereignisse vorzunehmen, die als Höhere Gewalt definiert werden sollen. In der Ausgestaltung der Klauseln ist es daher geboten, lieber umfangreich und detailliert als kurz und pauschal die Ereignisse zu umschreiben.

Beschaffungsrisiko

Beschaffungsrisiko liegt grundsätzlich beim Schuldner. Von großer praktischer Bedeutung ist daher die Frage, ob die vertragliche Ware oder Leistung nicht kurzfristig anderweitig am Markt beschafft werden kann, denn grundsätzlich trägt der Schuldner das Beschaffungsrisiko. Hier stellen sich regelmäßig Fragen der Zumutbarkeit und wann infolge nicht vorhersehbarer Umstände ein so grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung entsteht, dass dem Schuldner unter Berufung auf eine Störung oder einen Wegfall der Geschäftsgrundlage ein Festhalten am Vertrag nicht mehr möglich ist.

Wann ist eine Vertragspartei zur Leistungsverweigerung berechtigt?

Eine Vertragspartei darf ihre Leistung immer dann verweigern, wenn eine Force-majeure Klausel existiert, die als Rechtsfolge die Leistungsverweigerung vorsieht. In der Regel erfordert eine Leistungsverweigerung wie oben dargestellt ein Ereignis höherer Gewalt. Hierbei muss die Leistung verhindert oder erschwert worden sein, um eine Verweigerung der Gegenleistung zu begründen. Nicht ausreichend sind wirtschaftliche Gründe oder die bloße Erschwerung der Leistungserbringung. Gesagtes muss auch dann gelten, wenn lediglich gestiegene Kosten unmittelbare Folgen des Force-Majeure Ereignisses sind.

Wie verhält es sich, wenn der Vertrag keine Force-majeure Klausel enthält?

Sieht das Vertragswerk keine Regelung zu Ereignissen höherer Gewalt vor, bleibt es im deutschen Recht bei den gesetzlichen Bestimmungen über die Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 BGB) sowie der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB).
Eine Vertragspartei kann sich hiernach auf Unmöglichkeit (§ 275 BGB) berufen, wenn ein Lieferant wegen höherer Gewalt nicht liefern kann. Als Konsequenz wird die Vertragspartei von ihrer Leistungspflicht befreit. Ein derartiges Szenario gilt jedoch nur, wenn die vertragliche Ware oder Leistung nicht kurzfristig anderweitig am Markt beschafft werden kann.
Eine Auflösung oder Anpassung des Vertrages kommt dann in Betracht, wenn ein Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Die hierin beschriebenen Anforderungen der Störung der Geschäftsgrundlage unterliegen strengen Anforderungen, die nur dann Anwendung finden, wenn kein Fall von Unmöglichkeit nach § 275 BGB vorliegt. Generell sollte eine Auflösung oder Anpassung des Vertrages nicht voreilig erfolgen. Vielmals sind beide Vertragsparteien betroffen, sodass es sinnvoll sein kann, wenn Unternehmen mit Ihren Vertragspartnern eine konstruktive und praktikable Lösung finden.

Welchen Inhalt sollte eine Force-majeure-Klausel“ haben?

Grundsätzlich ist die Vereinbarung einer solchen Klausel, insbesondere im internationalen Geschäftsverkehr durchaus sinnvoll. Diese sollte im Wesentlichen aus zwei Teilen bestehen:
  1. Vertragliche Grundlage mit einer Definition der Fälle höherer Gewalt, die die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Haftungsbefreiung bilden und die für diese Fälle ausdrücklich nationales Recht verdrängen sollten. Die Klausel sollte für ein äußeres, also nicht betrieblich bedingtes, unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis gelten, der das Einhalten des Vertrags auch bei äußerster Sorgfalt erschwert oder unmöglich macht. Dies können Naturkatastrophen, wie Vulkanausbrüche, Stürme, Überschwemmungen, Erdbeben oder andere Ereignisse, wie z. B. Kriege, Aufstände, Terroranschläge, Boykottmaßnahmen oder auch Streiks, Materialknappheit oder auch Epidemien sein. Legen Sie die Fälle im Einzelnen mit Ihrem Vertragspartner fest, ohne dass die Fälle einen abschließenden Charakter haben sollten, weil sonst die Gefahr der Unvollständigkeit besteht und man nicht alle denkbaren Fälle im Voraus im Auge haben kann. Regeln Sie auch etwaige Kausalitätsfragen oder auch die Frage etwaiger Ersatzbeschaffungen.
Bitte denken Sie unbedingt daran, auch Informationspflichten für Ihren Vertragspartner zu vereinbaren, damit Sie bzw. Ihr Vertragspartner sich frühzeitig auf etwaige Lieferausfälle, Lieferengpässe oder Verzögerungen einstellen kann.
  1. Rechtsfolgen: Eine Vertragsaufhebung ist in rechtlicher Hinsicht nicht immer die beste Option. Sinnvoll ist eine vorübergehende Befreiung von vertraglichen Leistungspflichten bzw. eine Verlängerung der Ausführungsfristen, etwa bis zum Ende einer Epidemie oder die Vereinbarung spezieller Kündigungsmöglichkeiten bis hin zum Ausschluss von Schadensersatz.

Ganz allgemein raten wir davon ab, Leistungsgarantien abzugeben oder sich an feste Liefertermine zu binden oder sich gar zu Vertragsstrafen bei Lieferverzug oder Unmöglichkeit zu verpflichten.

Eine Musterklausel ("Force majeure") finden Sie auf der Seite der Internationalen Handelskammer.

Wegen der Vielschichtigkeit vertraglicher Fallkonstellationen empfiehlt es sich, eine auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmte Vertragsformulierung durch einen Rechtsanwalt umfassend überprüfen zu lassen.