Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen

Die grundsätzlich bestehende Nachahmungsfreiheit, ohne die ein Fortschritt in Wirtschaft, Technik und Kultur nicht denkbar ist, da auch bei kreativen Leistungen regelmäßig - zumindest teilweise - auf bekannte Sachverhalte und Erfahrungen zurückgegriffen wird.
Einschränkungen ergeben sich zu einen aus verschiedenen Gesetzen, die einen Sonderrechtsschutz gewähren, dies sind Urheber-, Marken-, Design- und Patentrecht. Neben diesem Sonderrechtsschutz gewährt § 4 Nr. 3 UWG in bestimmten Fällen zusätzlichen Schutz gegen Nachahmungen. Man spricht von ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz.
Unlauter handelt danach, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt, die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat.
Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz betrifft den Schutz einer aus dem alltäglich-üblichen Schaffen herausragenden Leistung von wettbewerblicher Eigenart gegen wettbewerbswidrige Verwertung. Dieser Schutz wird gegen Nachbildung gewährt, d. h. gegen eine Übernahme verkörperter Leistungen. Er kommt in Betracht sowohl in den Fällen der unmittelbaren Übernahme einer fremden Leistung einschließlich der identischen oder fast identischen Nachbildung, als auch der nachschaffenden Übernahme, bei der das fremde Leistungsergebnis als Vorbild für die Nachbildung dient.
Geschützt ist dabei nicht das Leistungsergebnis als solches, sondern vielmehr wird der Sonderrechtsschutz durch die Bekämpfung wettbewerbswidriger Ausnutzungs-, Vertriebs- und sonstiger Verwertungshandlungen, gegen die Sonderschutzrechte in dieser Form keinen Schutz gewähren, ergänzt
In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz - ebenso wie die Immaterialgüterrechte - lediglich konkrete Leistungsergebnisse erfasst, nicht aber abstrakte Ideen, z. B. Werbeideen, Verkaufsideen, Motivwahl. Maßgeblich ist allein die praktische Durchführung der Idee, mithin das Leistungsergebnis.

1. Allgemeines

Der durch das Angebot einer Nachahmung verletzte Gewerbetreibende kann unter den folgenden Voraussetzungen Ansprüche gegen den Verletzer geltend machen:

  • Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses 
  • Angebot von Waren oder Dienstleistungen in einer übernommenen (nachgeahmten) Gestaltungsform, die nicht oder nicht mehr unter Sonderrechtsschutz steht
  • Erzeugnis von wettbewerblicher Eigenart
  • Besondere wettbewerbliche Umstände, aufgrund derer die Nachahmung unlauter ist
Je größer dabei die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme ist, desto eher ist eine wettbewerbswidrige Nachahmung anzunehmen.

2.  Die Schutzvoraussetzungen

a) Das konkrete Wettbewerbsverhältnis
§ 4 Nr. 3 UWG erfordert zunächst, dass es sich bei dem Verletzer um einen Mitbewerber des Verletzten handeln muss, nämlich um einen Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Mitbewerber stehen regelmäßig in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis, wenn sie den gleichen Kundenkreis haben und auf demselben sachlichen, räumlichen und zeitlich relevanten Markt tätig sind.
b) Das Angebot von nachgeahmten Waren oder Dienstleistungen
§ 4 Nr. 3 UWG setzt weiter das Angebot von nachgeahmten Waren und Dienstleistungen voraus. Nachgeahmte Waren und Dienstleistungen stellen nicht nur identische oder fast identische, sondern auch nachschaffende Übernahmen dar. Eine nachschaffende Übernahme liegt vor, wenn das Erzeugnis des Verletzten als Vorbild für das Produkt des Verletzers verwendet worden ist und sich das Produkt des Verletzers an dieses Vorbild mehr oder minder anlehnt.
c) Die “wettbewerbliche Eigenart”
Die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts ist eine ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung. Sie ist gegeben, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale eines Produkts geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Mit diesem Tatbestandsmerkmal soll der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz auf schutzwürdige Erzeugnisse beschränkt werden. Alltägliche Produkte und Gestaltungsformen werden nicht umfasst.
d) Die besonderen wettbewerblichen Umstände
Schließlich erfordert § 4 Nr. 3 UWG besondere wettbewerbliche Umstände:
aa) Vermeidbare Herkunftstäuschung
Die vermeidbare Herkunftstäuschung muss bei dem Käufer des Nachahmungsprodukts eintreten. Sie kann auch dann gegeben sein, wenn der Kunde sie noch vor dem Kauf aufgrund einer näheren Befassung mit dem Angebot erkennt. Gegen eine Herkunftstäuschung spricht es aber, wenn die angesprochenen Verkehrskreise Original und Nachahmung kennen.
bb) Unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung
Eine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung liegt vor, wenn der gute Ruf eines Produkts in der Weise ausgenutzt wird, dass es aufgrund der Nachahmung des Produkts zu einer Übertragung der Wertschätzung des Originalprodukts auf das nachgeahmte Produkt und damit zu einer Verwechslung der betrieblichen Herkunft.
Eine unlautere Beeinträchtigung liegt vor, wenn z. B. bei exklusiven Produkten ein massenhafter Vertrieb der Nachahmung oder bei Qualitätsprodukten eine qualitativ minderwertige Nachahmung vertrieben wird.
cc) Unredliche Erlangung der für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen
Schließlich handelt auch derjenige unlauter, der Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat. Eine unredliche Erlangung liegt insbesondere vor, wenn einer der Straftatbestände der §§ 17, 18 UWG oder der §§ 242, 246 StGB erfüllt ist, aber auch dann, wenn ein (nicht strafbarer) Vertrauensbruch erfolgt, etwa wenn Unterlagen des Verletzten, die Gegenstand von Vertragsverhandlungen waren, nach dem Scheitern der Vertragsverhandlungen von dem Verletzer für eigene Zwecke verwendet werden.

3.  Die Ansprüche des Verletzten

Bei einer Zuwiderhandlung gegen § 4 Nr. 3 UWG stehen dem Verletzten Beseitigungs-, Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche gegen den Verletzer zu.