Die wettbewerbsrechtliche Abmahnung

Sie haben eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erhalten? Sie sollen eine „strafbewehrte Unterlassungserklärung“ abgeben? Sie wissen nicht, wie Sie sich jetzt verhalten sollen? Hier erfahren Sie, was eine Abmahnung ist und worauf Sie achten müssen.

1. Was ist eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung?

Wer in unzulässiger Weise - z.B. irreführend - wirbt oder Informationspflichten nicht einhält, z.B. als Onlinehändler, muss damit rechnen, kostenpflichtig gem. § 13 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) abgemahnt zu werden – egal, ob man sich damit bewusst einen Wettbewerbsvorteil verschaffen will oder aus schlichter Unwissenheit handelt.
§ 13 UWG sieht vor, dass die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruch Berechtigten den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben sollen, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.
Bei der wettbewerblichen Abmahnung handelt es sich insoweit um eine Mitteilung eines Anspruchsberechtigten an einen Verletzer, dass er sich durch eine im Einzelnen bezeichnete Handlung wettbewerbswidrig verhalten habe, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen und binnen einer bestimmten Frist eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung abzugeben.
Das Instrument der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung dient also dazu, bestimmte Rechtsverstöße außergerichtlich zu verfolgen. Mit der Möglichkeit, dass bestimmte Institutionen und Personen wettbewerbsrechtliche Verstöße auf zivilrechtlichem Wege verfolgen dürfen, hat der Gesetzgeber das Instrument einer Selbstreinigung innerhalb der Wirtschaft geschaffen. Es soll also nicht primär - wie in anderen Rechtsbereichen - eine Ordnungsbehörde eingreifen, sondern Unternehmer und Verbraucher sollen selbst den Wettbewerb beobachten und ggf. Maßnahmen ergreifen.
Leider wird das legitime Mittel der Abmahnung häufig auch missbraucht, indem Abmahner den Unterlassungsanspruch nur geltend machen, um Abmahnkosten zu verlangen. Dies geschieht beispielsweise bei sog. Serien-Abmahnungen, d. h. dass von einem Absender zahlreiche Abmahnungen mit gleichem Inhalt an unterschiedliche Unternehmen gesendet werden.
Diesem Abmahnmissbrauch tritt die IHK-Organisation seit Jahren entgegen. In einem Verbändepapier hat die IHK-Organisation gemeinsam mit anderen Wirtschaftsverbänden im Jahr 2017 gesetzliche Änderungen gegen den Abmahnmissbrauch gefordert und hierzu umfangreiche und konkrete Vorschläge unterbreitet.
Mit dem am 2. Dezember 2020 in Kraft getretenen „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ hat der Gesetzgeber die Mehrheit dieser Vorschläge aufgegriffen und das Abmahnrecht im UWG umfassend neu geregelt. Ein großer Erfolg der IHK-Organisation für ihre Mitgliedsunternehmen.

2. Inhalt einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung

Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen sind an keine Formvorschriften gebunden, jedoch müssen sie gem. § 13 Abs. 2 UWG enthalten:
  • den Namen oder die Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich den Namen oder die Firma des Vertreters,
  • Nachweis der Anspruchsberechtigung des Abmahnenden gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG , also inwieweit der Abmahnende Produkte in nicht unerheblichen Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt
  • ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch des Abmahnenden geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet (ggf. Ausschluss nach § 13 Absatz 4 UWG zu beachten),
  • die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände (die Abmahnung muss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, welches konkrete Verhalten beanstandet wird: das abgemahnte Verhalten muss nachvollziehbar beschrieben und dargelegt werden, warum dieses Verhalten einen Rechtsverstoß darstellt)
  • Forderung einer Unterwerfungserklärung (der Gläubiger muss den Schuldner zur Abgabe einer Unterwerfungserklärung, also einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, auffordern, das rechtsverletzende Verhalten künftig zu unterlassen und darüber eine Unterlassungserklärung abzugeben. Mit der Unterlassungserklärung soll der Abgemahnte sich gleichzeitig verpflichten, bei einer Wiederholung eine Vertragsstrafe zu zahlen),
  • Angemessene Fristsetzung (grundsätzlich eine Woche bis zehn Tage, bei Eilbedürftigkeit kann die Frist verkürzt werden),
  • Androhung gerichtlicher Schritte (der Abmahnende muss dem Abgemahnten zu erkennen geben, dass er gegen ihn gerichtlich vorgehen wird, wenn er die geforderte Unterwerfungserklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist abgibt)
  • Aufforderung zur Kostenerstattung (bspw. der Anwaltskosten)

3. Was ist nach Erhalt einer Abmahnung zu tun?

Das Schreiben nicht zu beachten, ist ebenso falsch wie die übereilte und ungeprüfte Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung! In jedem Fall sollte eine schnelle Reaktion erfolgen. Die Frist, innerhalb derer die Erklärung abgegeben werden soll, beträgt häufig nur wenige Tage - nicht viel Zeit, um die Abmahnung in aller Ruhe auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
Wenn Ihnen der Zeitraum für die Prüfung der Abmahnung, Rechtsrat einholen und ggf. die Fehlerbehebung nicht ausreicht, sollten Sie mit dem Absender der Abmahnung eine angemessene Fristverlängerung für die Abgabe der Unterlassungserklärung vereinbaren und sich diese schriftlich bestätigen lassen. Wird nicht innerhalb der gesetzten Frist reagiert, droht grundsätzlich der Erlass einer einstweiligen Verfügung. Ein hoher Streitwert von  20.000 Euro und mehr ist keine Seltenheit. Im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens könnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung innerhalb weniger Tage entscheiden und den Verantwortlichen zur Unterlassung verurteilen. Es kann eine Unterlassung von Seiten des Gerichts verfügt werden, ohne dass dem Antragsgegner zuvor rechtliches Gehör gewährt worden wäre. Eine vorherige mündliche Verhandlung ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht dann entbehrlich, wenn der Abgemahnte (= Antragsgegner) wegen des den Gegenstand des Verfügungsantrags bildenden Vorwurfs bereits abgemahnt worden ist und der Abmahnende (=Antragsteller) die Abmahnung sowie die allfällige Erwiderung des Abgemahnten dem Gericht vorgelegt hat. Ist diese Voraussetzung gegeben, kann also eine Beschlussverfügung ohne vorherige Anhörung des Schuldners erlassen werden.
Im Zweifel sollte man sich daher schnellstmöglich bei der Industrie- und Handelskammer bzw. Handwerkskammer, einem Berufsverband oder einem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Rat hinsichtlich des weiteren Vorgehens einholen.

4. Überprüfung der Abmahnung

Nach Erhalt der Abmahnung ist zu prüfen, ob diese möglicherweise unberechtigt ist. Hinsichtlich einer unberechtigten Abmahnung existieren drei Konstellationen:
1) Eine Abmahnung kann begründet, aber unbefugt sein, weil das beanstandete Verhalten zwar wettbewerbswidrig ist, dem Abmahnenden aber kein Unterlassungsanspruch zusteht bzw. dieser nicht berechtigt ist.
2) Eine Abmahnung kann zudem unbegründet sein, weil das beanstandete Verhalten nicht wettbewerbswidrig ist.
3) In einer an sich begründeten und befugten Abmahnung kann unter den Voraussetzungen des § 8c schließlich eine missbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs liegen.
Vor diesem Hintergrund sind insbesondere die folgenden Punkte zu beachten:
4.1 Ist der Absender zur Abmahnung berechtigt?
Der Abmahnende muss befugt sein, den Wettbewerbsverstoß zu verfolgen. Folgende Personen oder Stellen sind nach § 8 Abs. 3 UWG berechtigt abzumahnen:
  • Mitbewerber, d.h. Unternehmer, die mit dem Abgemahnten als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen. Sie müssen tatsächlich geschäftlich tätig sein und in nicht nur unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich ähnliche Waren oder Dienstleistungen wie der Abgemahnte vertreiben oder nachfragen. Entscheidend ist, dass dem Abmahnenden durch den Wettbewerbsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. entstehen kann.
  • Rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen, wie zum Beispiel die „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.“ (Wettbewerbszentrale). Sie müssen einen Branchenbezug aufweisen, also über eine ausreichende Anzahl an Mitgliedern (d. h. Unternehmen) in der Branche des Abgemahnten nachweisen. Die Vereine müssen beim Bundesamt für Justiz registriert sein (sog. qualifizierte Wirtschaftsverbände).
  • Qualifizierte Einrichtungen zum Schutz von Verbraucherinteressen, soweit es um eine Handlung geht, durch die Belange der Verbraucher berührt werden (Verbraucherverbände). Auch sie müssen auf einer Liste beim Bundesamt für Justiz eingetragen sein.
  • Industrie- und Handelskammern (IHKs)  sowie Handwerkskammern.
Hinweis:
Verbraucher dürfen Unternehmer dagegen generell nicht abmahnen. Zur Prüfung, ob ein Verband abmahnbefugt ist, kann Kontakt mit der zuständigen IHK aufgenommen werden. Ergibt sich aus der Abmahnung keine eindeutige Abmahnbefugnis, sollte der Abmahnende schriftlich aufgefordert werden, diese nachzuweisen bzw. bei fehlender anwaltlicher Vollmacht diese nachzureichen.

4.2 Plausibilitätsprüfung des vorgeworfenen Verhaltens
Prüfen Sie, ob das in der Abmahnung beschriebene Verhalten tatsächlich von Ihnen bzw. Ihrem Unternehmen kausal ausging! Ist der dargestellte Sachverhalt so korrekt? Falls eindeutig nein, sollte dem Abmahnenden gegenüber ein kurzer schriftlicher Hinweis erteilt werden. Am besten vorab per Fax (Faxprotokoll aufbewahren!).
4.3 Prüfung des wettbewerbswidrigen Verhaltens
Da der Abmahnende einen Wettbewerbsverstoß oder sonstigen Rechtsverstoß beanstandet, ist nun zu überprüfen, ob ein solcher auch tatsächlich vorliegt, ob also das beanstandete Verhalten überhaupt wettbewerbswidrig ist.
In der Praxis kommen häufig die folgenden Fälle vor:
  • Die Anbieterkennzeichnung nach dem Telemediengesetz (TMG) ist auf den Internetseiten nicht vorhanden bzw.  erforderliche Angaben fehlen. Was für rechtliche Anforderungen Informationspflichten für Ihren Internetauftritt bestehen, finden Sie hier.
  • Im Internet werden Verträge mit Verbrauchern angebahnt ohne die Erfüllung der Informationspflichten zu beachten (zum Beispiel Belehrung zum Rückgabe- bzw. Widerrufsrecht).
  • Es wurden Werke (bspw. Bilder, Stadtpläne, Texte und Computerprogramme) von anderen ohne deren Zustimmung genutzt oder verbreitet. Dadurch wurden Urheberrechte und/oder Kennzeichenrechte (Markenrecht) verletzt.
  • Es wurde irreführend geworben (§ 5 UWG) oder Dritte wurden ohne deren Zustimmung mit Werbung per E-Mail, Telefax oder Telefon behelligt (§ 7 UWG).
4.4 Abmahnenden überprüfen
Hilfreich ist, wenn Sie über das abmahnende Unternehmen bzw. den Verein Informationen sammeln. Das Internet ist dafür eine wertvolle Informationsquelle. Es gilt herauszufinden, ob der Abmahnende ein nachvollziehbares Interesse daran hat, dass der Abgemahnte das beanstandete Verhalten künftig unterlässt oder ob ggf. eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung vorliegt.
Eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung ist nach § 8c Abs. 2 UWG im Zweifel anzunehmen, wenn
  • die Abmahnung vorwiegend dazu dient, gegen den Abgemahnten einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen,
  • ein Mitbewerber eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend macht, wenn die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit steht oder wenn anzunehmen ist, dass der Mitbewerber das wirtschaftliche Risiko seines außergerichtlichen oder gerichtlichen Vorgehens nicht selbst trägt,
  • ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt,
  • offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden,
  • eine vorgeschlagene Unterlassungserklärung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht,
  • mehrere Wettbewerbsverstöße, die zusammen hätten abgemahnt werden können, einzeln abgemahnt werden oder
  • wegen einer Wettbewerbsverstoßes, für die mehrere verantwortlich sind, die Unterlassungsansprüche ohne sachlichen Grund nicht zusammen geltend gemacht werden.

5. Reaktionsmöglichkeiten auf eine Abmahnung

Die Reaktion auf eine Abmahnung kann unterschiedlich aussehen:
  • Soweit der wettbewerbsrechtliche Verstoß offensichtlich ist und keine Anzeichen für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung bestehen, sollte eine Unterlassungserklärung abgegeben werden.
  • Zu beachten ist jedoch, dass auch bei Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes der Abgemahnte nicht zwangsläufig verpflichtet ist, die vom Abmahner vorformulierte Erklärung zu verwenden. Abmahner neigen oft dazu, die Verpflichtung sehr weit zu formulieren. Tatsächlich muss sich der Verletzer aber nur verpflichten, den konkreten Verstoß nicht zu wiederholen. Unter engen Voraussetzungen kann der Verletzer auch eine Aufbrauchfrist verlangen, wenn die sofortige Unterlassung unverhältnismäßig große Nachteile verursachen und eine befristete Weiterbenutzung für den Verkehr keine unzumutbare Beeinträchtigung bedeuten würde.
  • Beachten Sie auch die Folgen der Abgabe einer Unterlassungserklärung. Ergreifen Sie Maßnahmen, eine künftige Wiederholung zu vermeiden, da andernfalls die Gefahr droht, die Vertragsstrafe zahlen zu müssen.
  • Bei später eingehenden Folgeabmahnungen sollte der Abgemahnte dem Versender mitteilen, dass er bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben hat und möglichst eine Kopie als Beweismittel übersenden.
  • Liegen Gründe vor, die Unterlassungserklärung nicht abzugeben (bspw. weil der Abmahnende nicht berechtigt ist oder kein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt), sollte der Empfänger den Abmahnenden schnellstmöglich darüber aufklären, dass er die Erklärung nicht unterzeichnen wird. Schweigt der Abgemahnte, signalisiert er, dass er eine außergerichtliche Auseinandersetzung ablehnt. Insoweit muss der Abgemahnte mit einer einstweiligen Verfügung bzw. einem Gerichtsverfahren rechnen.
  • Sollte eine Abmahnung auf eine – durch einen Druckfehler entstandene – wettbewerbswidrige Anzeige erfolgen, empfiehlt es sich, sofort den Abmahnenden anzuschreiben und eine Kopie des Anzeigenmanuskripts, die Reklamation bei der Zeitung und - soweit vorhanden - eine entsprechende Bestätigung der Zeitung beifügen.
  • Sofern zwar ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt, die Abmahnkosten aber zu hoch erscheinen, kann der Empfänger die Unterlassungserklärung ohne die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten abgeben. Alternativ kann er den Streitwert bzw. die Kostenpauschale reduzieren. Es bleibt dann das Risiko, auf Kostenerstattung verklagt zu werden. Allerdings befindet sich der Abgemahnte bei einer Klage auf Kostenerstattung in einer wesentlich günstigeren Position, als in einem einstweiligen Verfügungsverfahren. Der Streitwert beruht hier nur auf den Abmahnkosten, ist also wesentlich geringer als der ursprüngliche Wettbewerbsstreitwert.
  • In Fällen, in denen ein Wettbewerbsverstoß zweifelhaft ist, kann auch der Abgemahnte die Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten bei der Industrie- und Handelskammer  Frankfurt am Main anrufen. Damit können Wettbewerbsstreitigkeiten kostengünstig beigelegt werden. Damit ist allerdings die Gefahr einer einstweiligen Verfügung nicht ausgeräumt. Der Abgemahnte sollte deshalb zumindest eine vorläufige Unterlassungserklärung abgeben, die nur bis zum Abschluss des Einigungsstellenverfahrens gültig ist.

6. Die Unterlassungserklärung

Die Unterlassungserklärung muss hinsichtlich des (zu unterlassenden) Verhaltens hinreichend konkret sein. Wird das Verhalten zu allgemein beschrieben, ist dies missbräuchlich.
Die mit der Abmahnung versandten Unterlassungserklärungen enthalten oft Verpflichtungen, die nicht übernommen werden müssen. Sie sollten daher den vom Abmahnenden übersandten Entwurf nicht ungeprüft unterzeichnen. Es gilt der Grundsatz: Eine unvermeidbare Erklärung ist auf das notwendige Minimum zu beschränken! Entsprechend notwendige Modifikationen sollten mit der zuständigen IHK oder ihrem Anwalt ausgearbeitet werden.
Modifikationen bzw. Streichungen können mit dem Abmahnenden abgesprochen werden, müssen es aber nicht. Weitgehende Änderungen haben allerdings die Konsequenz, dass der Abmahnende die neue Erklärung ausdrücklich annehmen muss, und für den Abgemahnten auch erst dann wirklich Sicherheit besteht, dass keine Einleitung gerichtlicher Schritte mehr erfolgt.
In der Unterlassungserklärung ist regelmäßig ein Vertragsstrafeversprechen für zukünftige Verstöße enthalten. Nach der Rechtsprechung ist nur bei einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr wirksam ausgeschlossen. Es kann aber natürlich versucht werden, mit dem Abmahnenden einen Verzicht auf die Vertragsstrafe auszuhandeln. Der sich unterwerfende Abgemahnte muss in keinem Fall ein Anerkenntnis bezüglich der Abmahnkosten abgeben, damit die Unterwerfungserklärung ihre Wirkung (Wegfall der Wiederholungsgefahr) entfaltet.
Achtung: Sobald die Unterlassungserklärung unterschrieben wurde, ist sie wirksam. Ab diesem Zeitpunkt müssen die abgemahnten Rechtsverstöße vollständig beseitigt oder korrigiert worden sein. Andernfalls wird die Vertragsstrafe sofort fällig.
Hinweis: 
Eine Mehrfachabmahnung liegt vor, wenn der Abgemahnte eine Abmahnung zu demselben Wettbewerbsverstoß erhält, der schon von einem anderen abgemahnt wurde und hinsichtlich dessen er bereits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. In diesem Fall ist der Abgemahnte verpflichtet, dem Abmahnenden alle Informationen zu übermitteln, die erforderlich sind um zu beurteilen, ob die Wiederholungsgefahr beseitigt ist. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann zu einer Ersatzpflicht für die vergeblich aufgewendeten Prozesskosten des zweiten Abmahnenden führen.

7. Höhe der Vertragsstrafe

Die Strafbewehrung ergänzt das Unterlassungsversprechen. Sie ist immer dann erforderlich, wenn Wiederholungs- und nicht nur Erstbegehungsgefahr besteht.  Die Festlegung auf einen bestimmten Betrag ist in jenen Fällen unbefriedigend, in denen zum Zeitpunkt der Unterwerfungserklärung noch nicht abgesehen werden kann, ob bei der Bemessung der Vertragsstrafe eine Zusammenfassung von Einzelverstößen in Betracht kommt oder nicht. Lässt sich der Abgemahnte in einer solchen Situation auf eine hohe Vertragsstrafe ein, die bei einer Zusammenfassung von Einzelverstößen angemessen wäre, muss er mit exorbitant hohen Forderungen rechnen, wenn nachher eine solche Zusammenfassung doch ausscheidet. Besteht der Abgemahnte dagegen auf einer niedrig bemessenen Vertragsstrafe, um dieser Gefahr vorzubeugen, wird dieses Versprechen ggf. als nicht ausreichend angesehen, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.
Hinsichtlich der geforderten Höhe der Vertragsstrafe ist insoweit zu beachten, dass nur bei einer empfindlichen Strafe die notwendige Ernsthaftigkeit einer Unterlassungserklärung auch von den Gerichten akzeptiert wird. Oft wird von dem Abmahnenden jedoch eine zu hohe Vertragsstrafe angesetzt, die dann entsprechend angepasst werden kann.
Für die erstmalige Abmahnung bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien sowie bei Verstößen gegen die DSGVO und das BDSG dürfen Mitbewerber nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs keine Vertragsstrafe mehr fordern, sofern der Verstoß im Internet begangen wurde und der Abgemahnte nicht mehr als 100 Mitarbeiter hat, § 13a Abs. 2 UWG.
Des Weiteren sieht das Gesetz eine Deckelung der Höhe der Vertragsstrafe vor. Gemäß § 13a Abs. 3 UWG darf eine Vertragsstrafe eine Höhe von 1.000,- EUR nicht überschreiten, wenn der Verstoß angesichts seiner Art, seines Ausmaßes und seiner Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern nur in unerheblichem Maße beeinträchtigt und wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.
Der Abmahnende hat jedoch keinen Anspruch auf eine der Höhe nach fest bezifferte Vertragsstrafe. Es ist daher zulässig, eine flexible Regelung zu verwenden, nach der die Höhe der Vertragsstrafe in das billige Ermessen des Abmahnenden gestellt wird und im Verletzungsfall auf Betreiben des Abgemahnten durch das zuständige Gericht auf ihre Angemessenheit überprüft werden kann, sog. „Hamburger Brauch”.
Gibt der Abgemahnte die von ihm verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung fristgerecht ab, hat er auch dann keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben (§ 93 ZPO), wenn die vom Gläubiger verlangte und vom Schuldner versprochene Vertragsstrafe an sich zu niedrig ist, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. 
Nach § 15 UWG kann der Abgemahnte zudem ohne Zustimmung des Abmahnenden die Einigungsstelle zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten für den Fall, dass lediglich eine Vertragsstrafe vereinbart, aber deren Höhe noch nicht beziffert wurde, bei Uneinigkeit über die Höhe anrufen.

8. Abmahnkosten

Der Wettbewerbsverletzer ist bei einer berechtigten Abmahnung in der Regel auch verpflichtet, die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten (z. B. Anwaltskosten) zu zahlen. Wettbewerbsvereine können nur einen Aufwendungsersatzanspruch geltend machen, der ca. 200,-- bis 300,-- Euro beträgt. Abmahnungen durch Rechtsanwälte sind in der Regel kostenträchtiger, da diese Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnen dürfen.
Online-Händler werden häufig wegen fehlenden oder falschen Informationen abgemahnt, beispielsweise bei fehlendem oder unvollständigem Impressum, fehlender oder veralteter Widerrufsbelehrung oder fehlender Verlinkung auf die Internetplattform zur Online-Beilegung von Streitigkeiten (OS-Plattform). Mit Inkrafttreten der neuen UWG-Regelungen dürfen Mitbewerber derartige Verstöße zwar weiterhin abmahnen, Abmahnkosten dürfen Sie hingegen nicht geltend machen.

9. Checkliste zu den Prüfungsschritten nach Erhalt einer Abmahnung

  • Eingangsdatum festhalten! Zustellart feststellen!
  • Stimmt die Zustellanschrift? Wenn nicht, unter Hinweis auf den falschen Adressaten zurücksenden!
  • Abmahnung durch einen Anwalt? Ist eine Vollmacht vorhanden?
  • Welche Frist wird gesetzt?
  • Ist die Abmahnung berechtigt?
  • Informationen über den Abmahnenden sammeln!
  • Berufsverband und IHK informieren, ggf. anwaltlichen Rat einholen!
  • Wie soll reagiert werden?
  • Antrag auf Fristverlängerung
  •  Anfordern der anwaltlichen Vollmacht bzw. Nachweisen der Abmahnbefugnis
  • Abgabe Unterlassungserklärung mit oder ohne Kostenübernahme
  • Zurückweisen der Abmahnung wegen Rechtsmissbräuchlichkeit, mangelnder Abmahnbefugnis oder mangels eines wettbewerbsrechtlichen Verstoßes