Behördliche Formalitäten, Anzeigepflichten

Recht-Informationen: Die wichtigsten administrativen Formalitäten bei der Unternehmensgründung in Deutschland
 
Gewerbeanzeige
Der Beginn, jede Änderung und die Beendigung jeder stehenden gewerblichen Tätigkeit ist dem für die Betriebsstätte zuständigen Gewerbeamt anzuzeigen. Dies gilt für jedes Unternehmen unabhängig von der Rechtsform. Ein stehendes Gewerbe liegt (im Gegensatz zum Reisegewerbe) vor, wenn ein Gewerbetreibender für den Betrieb des Gewerbes einen zum dauernden Gebrauch eingerichteten Raum ständig oder in regelmäßiger Wiederkehr nutzt. Es ist nicht erforderlich, dass besondere Räume ausschließlich gewerblich genutzt werden, eine Bürotätigkeit kann (wenn nicht Gemeindesatzungen entgegenstehen) auch aus der Privatwohnung heraus betrieben werden.
Für den Fall, dass die gewerbliche Tätigkeit nicht von einer festen Niederlassung, sondern im Umherreisen (fliegender Händler) ausgeübt wird, muss eine Reisegewerbekarte beantragt werden. Eine Reisegewerbekarte kann nur für eine natürliche nicht für eine juristische Person erteilt werden.

Einholung von ggf. erforderlichen Genehmigungen
Für eine begrenzte Anzahl von Gewerben ist es erforderlich, vor Betriebsbeginn eine Erlaubnis bei der im Einzelfall zuständigen Behörde einzuholen.
Link: Genehmigungspflichtige Gewerbe
Insbesondere ist die Aufnahme jedes handwerklichen Betriebes erlaubnispflichtig. Der Betrieb muss in die Handwerksrolle der regional zuständigen Handwerkskammer eingetragen werden. Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle ist, dass der Betrieb von einem Handwerksmeister geführt wird. Ausnahmen von dem Erfordernis der Meisterprüfung sind nur im begrenzten Umfang zulässig.
Im Übrigen herrscht völlige Gewerbefreiheit. Insbesondere sind die meisten Handelsgewerbe (Groß- und Einzelhandel) nicht reguliert. Natürlich unterliegt die Ausübung des Gewerbes im Einzelfall einer Reihe von speziellen Vorschriften.

Gewerbeamt
Die Gewerbeämter sind Behörden der Stadt- oder Gemeindeverwaltung. Es ist die Aufgabe des Gewerbeamtes, die Daten des Gewerbebetriebes aufzunehmen. Die Gewerbeanzeige dient dem Zweck, allen zuständigen Behörden die Überwachung der Gewerbeausübung zu ermöglichen. Bei der Gewerbeanmeldung wird überprüft, ob ggf. erforderliche Erlaubnisse vorliegen. Ein Handwerksbetrieb muss beispielsweise die von der Handwerkskammer ausgefüllte Handwerkskarte vorlegen.
Das Gewerbeamt füllt bei der Anmeldung einen einheitlichen Vordruck mit verschiedenen Durchschriften aus. Für die Gewerbeanmeldung fallen Gebühren an.
Das Gewerbeamt übermittelt Daten aus der Gewerbeanzeige zur Erfüllung der in ihre Zuständigkeit fallenden Aufgaben an folgende Behörden: Finanzamt, Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, Immissionsschutzbehörde, staatliches Gewerbeaufsichtsamt, Eichamt, Agentur für die Arbeit, Berufsgenossenschaften, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V., Handelsregister, Behörden der Lebensmittelüberwachung, Statistisches Landesamt sowie ggf. Zollverwaltung.
Neben der Gewerbeanmeldung ist jede Veränderung in der Betriebstätigkeit, z. B. Umzug, Änderungen in der Art der gewerblichen Tätigkeit oder Betriebseinstellung, dem Gewerbeamt zu melden. Falls mehrere Betriebsstätten (auch an einem Ort) betrieben werden, ist jede einzeln anzumelden. Für die Gewerbeanzeigen sind einheitliche Formulare zu benutzen, die bei den Gewerbeämtern schriftlich angefordert werden können. Auf Wunsch erhält der Gewerbetreibende eine schriftliche Bestätigung der Gewerbeanzeige. Bei Verzicht fallen Gebühren nicht an. Bei einigen Gewerbeämtern werden die Gewerbeanmeldungen inzwischen per EDV bearbeitet. Zum Teil wird zur Feststellung der Identität des Anzeigenden die Übersendung einer Kopie des Personalausweises oder Reisepasses oder andere geeignete Identitätsnachweise verlangt. 
Der Gegenstand der gewerblichen Tätigkeit ist möglichst genau zu bezeichnen.
Wenn die zuständige Behörde in einem rechtskräftigen Gewerbeuntersagungsverfahren oder ein Gericht einer Person die Ausübung eines Gewerbes untersagt hat, darf diese eine selbständige Tätigkeit nicht, auch nicht über einen vorgeschobenen Dritten ("Strohmann"), ausüben.
Für Gewerbeanzeigen vorzulegende Unterlagen
Dem Gewerbeamt sind bei einer Gewerbeanzeige folgende Unterlagen vorzulegen:
a) Ausweisdokumente für die Person des Antragsstellers:
  • Identitätsnachweis durch Personalausweis oder Reisepass;
  • ggf. (privatschriftlicher) Nachweis der Bevollmächtigung zum Handeln für einen Dritten (natürliche oder juristische Personen);
  • bei Geschäftsführer oder Prokurist: Handelsregisterauszug;
  • ggf. Erlaubnisse (z.B. Handwerkskarte, Maklererlaubnis etc.);
  • ein ausländischer Staatsangehöriger hat eine Aufenthaltsgenehmigung der zuständigen Ausländerbehörde vorzulegen, die die Erlaubnis beinhaltet, eine selbständige Gewerbstätigkeit aufzunehmen.
b) Nachweise für das Unternehmen:
  • Ein im Handelsregister eingetragenes Unternehmen hat die Handelsregistereintragung durch Handelsregisterauszug nachzuweisen.
  • Ein in einem ausländischen Handelsregister eingetragenes Unternehmen hat ebenfalls die entsprechenden Eintragungsunterlagen vorzulegen. Außerdem ist eine deutsche Übersetzung vorzulegen, in der Regel ist eine Beglaubigung nicht erforderlich.
  • Bei einem ausländischen Unternehmen wird ein Inlandsbevollmächtigter sowie eine inländische Anschrift verlangt. Der Inlandsbevollmächtigte hat eine auf ihn lautende Vollmacht (s.o.) vorzulegen.
  • In Zweifelsfällen, wenn z.B. die Anschrift der anmeldenden Person von der des Betriebes abweicht, muss das Bestehen der Betriebsstätte durch Vorlage eines Mietvertrages oder Bestätigung des Vermieters nachgewiesen werden.
  • Bei begründetem Anlass kann die Anforderung eines Führungszeugnisses oder die Auskunft aus dem Gewerbezentralregister nötig sein.

Industrie- und Handelskammer / Handwerkskammer
Alle Gewerbetreibenden sind kraft Gesetzes Mitglieder der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer, wenn die Tätigkeit nicht in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Kammer (z.B. Handwerkskammer) fällt. Doppelte Mitgliedschaften bei zwei Kammern sind möglich, z.B. bei gemischten Betrieben (Handwerk/Industrie, Handel/Handwerk). Die Gewerbeämter informieren die Kammern durch Übersendung einer Durchschrift der Gewerbeanmeldung.

Finanzamt
Die Gewerbeanmeldung gilt auch als steuerliche Anzeige. Die Finanzämter werden von den Gewerbeämtern informiert. Unabhängig davon sollte dem zuständigen Finanzamt zusätzlich die Betriebsaufnahme mitgeteilt werden.
Das Finanzamt übersendet dem Gewerbetreibenden einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung. Es informiert auch über das Umsatzsteuerverfahren und andere wichtige steuerrechtliche Reglungen, die beachtet werden müssen.
Das Unternehmen ist verpflichtet, von den Löhnen und Gehältern, das es seinen Arbeitnehmern zahlt, Lohnsteuer einzubehalten und an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen. Auch wenn Schuldner der Lohnsteuer der Arbeitnehmer ist, ist der Arbeitgeber/Unternehmer für die ordnungsgemäße Lohnsteuerabführung verantwortlich. Er haftet für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Soweit die Haftung reicht, sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer Gesamtschuldner.
Außerdem muss der Arbeitgeber den Solidaritätszuschlag einbehalten und an das Finanzamt abführen. Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 % der Lohnsteuer.
Ist der Arbeitnehmer Mitglied einer Kirchensteuer erhebenden kirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts, ist der Arbeitgeber verpflichtet, Kirchensteuer einzubehalten und zusammen mit der Lohnsteuer und dem Solidaritätszuschlag an das Finanzamt abzuführen. Die Kirchensteuer beträgt abhängig vom jeweiligen Bundesland 8 % oder 9 % der Lohnsteuer.

Aufenthaltserlaubnis
Sollen Tochterunternehmen, selbständige Zweigniederlassungen oder unselbständige Betriebsstätten von ausländischen natürlichen Personen geführt werden, so benötigen diese nach dem Ausländergesetz eine zur Ausübung des beabsichtigten Gewerbes berechtigende Aufenthaltsgenehmigung. Diese wird durch einen entsprechenden Sichtvermerk im Pass dokumentiert. Diese Aufenthaltserlaubnis ist erforderlich, wenn die betreffende Person einen längerfristigen Aufenthalt in Deutschland nehmen will. Soll die Tätigkeit unter Beibehaltung des gewöhnlichen Wohnsitzes im Ausland durch gelegentliche Einreisen in die Bundesrepublik durchgeführt werden, so ist die besondere Aufenthaltserlaubnis mit Erlaubnis der Erwerbstätigkeit nicht erforderlich.
Für EU-Ausländer, Bürger von nicht zur EU aber zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehörenden Staaten sowie für Bürger von Staaten mit denen besondere Vereinbarungen getroffen sind (z.B. USA, Schweiz, Kanada), gelten diese Erfordernisse nicht.

Agentur für Arbeit
Die Gewerbeämter informieren die zuständigen Agenturen für Arbeit durch Übersendung einer Durchschrift der Gewerbeanzeige.
Der Unternehmer bzw. Arbeitgeber benötigt eine sog. Betriebsnummer, sobald er eine Person - unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgeltes - als Arbeitnehmer einstellt. Dies gilt also auch für Geringverdiener. Die Betriebsnummer kann in der Regel telefonisch bei der Arbeitsagentur erfragt werden. Es wird unabhängig von der Beschäftigtenzahl nur eine Betriebsnummer je Unternehmen erteilt. Sie dient im Übrigen nur der Arbeits- und Berufsforschung und ist der Krankenkasse für die Sozialversicherung mitzuteilen.
Für den Fall, dass Arbeitnehmer beschäftigt werden sollen, die nicht Staatsbürger der EU sind, ist eine Arbeitserlaubnis der Agentur für Arbeit erforderlich.

Berufsgenossenschaften
Die Berufsgenossenschaften sind Träger der sozialen Unfallversicherung. Jedes Unternehmen ist kraft Gesetzes Mitglied der für seinen Gewerbezweig errichteten Berufsgenossenschaft. Die Eröffnung oder Übernahme eines Unternehmens ist unverzüglich der zuständigen Berufsgenossenschaft anzuzeigen. Allerdings übersendet auch das Gewerbeamt eine Durchschrift der Gewerbeanmeldung an die Berufsgenossenschaften.
Über die Gründung eines gewerblichen Unternehmens sollte die jeweils zuständige Berufsgenossenschaft bzw. der Landesverband innerhalb einer Woche informiert werden.