Greenwashing


I. Was ist Greenwashing?

Wörtlich übersetzt bedeutet Greenwashing „grünwaschen“. Grün steht dabei symbolisch für die Natur und für den Umweltschutz. Mit Waschen ist „sich von etwas reinwaschen“ gemeint. Im übertragenen Sinne ist damit das Reinwaschen mit Blick auf Ökologie und Nachhaltigkeit gemeint.
Unternehmen suggerieren auf diese Weise Verantwortung für Natur und Umwelt, wodurch ihnen ein grünes Image zugeschrieben wird, obwohl dies nicht unbedingt der Realität entspricht. Meist werden gezielt Desinformationen verbreitet, um ein Unternehmen ökologischer erscheinen zu lassen. Diese Desinformationen sind nicht nur Unwahrheiten, sondern umfassen auch die Verschleierung und Ablenkung von gewissen Aspekten.
Viele Unternehmen bewerben ihre Produkte als „klimaneutral“ oder „CO2-neutral“, um bei den Verbrauchern zu punkten. Denn die werden zunehmend umweltbewusster und machen ihre Kaufentscheidungen immer öfter davon abhängig, wie grün ein bestimmtes Produkt ist. Doch für Firmen, die Greenwashing betreiben, also mit falschen Umweltversprechen werben, könnte es künftig teuer werden. Grund hierfür sind neue Richtlinien der EU.

II. EU- Normen

Die Europäische Union verfolgt zur Bekämpfung von „Greenwashing“ zwei wesentliche regulatorische Ansätze. Wichtig in diesem Zusammenhang werden die Empowering Consumers- Richtlinie (EmpCo-Richtlinie) sowie die Green-Claims-Richtlinie. Beide Richtlinien wären grundsätzlich nebeneinander anwendbar.
In der Praxis ist zu erwarten, dass Unternehmen häufig die Anforderungen beider Richtlinien erfüllen müssen. Kollidieren die Vorgaben beider Richtlinien, soll die Green-Claims-Richtlinie in ihrem Anwendungsbereich Vorrang haben.

1. Empowering Consumers- Richtlinie (kurz: EmpCo-Richtlinie)

Die Richtlinie (EU) 2024/825 zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel („Empowering Consumers for the Green Transition“) wurde am 06. März 2024 im EU-Amtsblatt veröffentlicht und ist am 27. März 2024 in Kraft getreten. Bis zum 27. März 2026 haben die Mitgliedsstaaten Zeit die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. L_202400825DE.000101.fmx.xml (europa.eu)
Der Anwendungsbereich bezieht sich auf gewerbliche Praktiken. Er ändert die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken und die Richtlinie über die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher, mit dem Ziel, durch einen besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen Verbraucherinnen und Verbrauchern in die Lage zu versetzen, sich für den ökologischen Wandel zu engagieren.
Die wichtigsten Regelungen zusammengefasst:
  • Definition Umweltaussage: Nicht-verpflichtende Aussage oder Darstellung, ein Produkt/Unternehmen hätte keine oder nur positive Umweltauswirkungen, sei weniger schädlich als andere, oder sei verbessert worden
  • Ergänzung der ökologischen oder sozialen Auswirkungen als Bezugspunkte einer Irreführung, ebenso Haltbarkeit und Reparierbarkeit
  • Angaben über künftige Umweltleistungen nur zulässig bei klaren, objektiven und überprüfbaren Verpflichtungen und Zielen, und unabhängigem Überwachungssystem
  • Verwendung von Nachhaltigkeitssiegel, das nicht auf Zertifizierungssystem beruht oder von staatlichen Stellen stammt
  • Treffen einer allgemeinen Umweltaussage für das gesamte Produkt, wenn es sich tatsächlich nur auf einen bestimmten Aspekt bezieht (Per-se-Verbot: „Schwarze Liste“)
  • Neben Greenwashing ist auch das sogenannte „Social-Washing“, also irreführende Informationen über die sozialen Merkmale von Produkten (z. B. Arbeitsbedingungen, Menschenrechte, Gleichbehandlung, ethische Verpflichtungen) unzulässig.
  • Verschärfte Informationspflichten für Haltbarkeitsgarantien, zur Angabe von Reparaturkennzahlen und über Software-Aktualisierungen
Mit der Richtlinie sollen EU-weit strenge Anforderungen an Umweltaussagen in die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken eingeführt werden. Als „Umweltaussage“ soll jegliche nicht gesetzlich vorgegebene kommerzielle Kommunikation (z. B. Werbung) gelten, „in der ausdrücklich oder stillschweigend angegeben wird, dass ein Produkt, eine Produktkategorie, eine Marke oder ein Gewerbetreibender eine positive oder keine Auswirkung auf die Umwelt hat oder weniger schädlich für die Umwelt ist als andere Produkte, Marken bzw. Gewerbetreibende oder dass deren Auswirkung im Laufe der Zeit verbessert wurde“ (Art. 2 Abs. 1 lit. o UGP-RL-Entwurf). Die Richtlinie hat somit einen sehr großen Anwendungsbereich.

Allgemeine Umweltaussagen sollen künftig immer dann unzulässig sein, wenn der Unternehmer keine Nachweise für die beworbene hervorragende Umweltleistung erbringen kann (Anhang I Nr. 4a UGP-RL-Entwurf). Umfasst sind dann zahlreiche in der Werbung genutzte Begriffe wie z.B. „grün“, „natürlich“, „ökologisch“, „umweltfreundlich“, „klimaneutral“, „CO2-neutral“ und „energieeffizient“. Die beworbene Umweltleistung soll zudem nicht auf der Kompensation von Umweltauswirkungen wie z.B. dem Erwerb von Emissionsgutschriften beruhen dürfen, sondern muss tatsächlich vorliegen.

Auch Umweltaussagen über die künftige Umweltbelastung sind nun anders zu handhaben. Sie sollen explizit als irreführend gelten, wenn sie ohne klare, objektive, öffentlich verfügbare und überprüfbare Verpflichtung getroffen werden (Art. 6 Abs. 2 lit. d UGP-RL-Entwurf).
Die Richtlinie schränkt auch die Möglichkeiten der Unternehmen ein, Emissionsvorteile zu bewerben, die sich erst aus Kompensationsmaßnahmen ergeben. Unternehmen wäre zukünftig untersagt „neutrale, reduzierte, kompensierte oder positive Auswirkung“ eines Produkts auf die Umwelt zu bewerben, die lediglich auf einem CO2-Ausgleich basiert (Anhang I Nr. 4c UGP-RL-Entwurf). CO2-Ausgleiche bleiben damit zwar weiterhin zulässig, sie können aber nur noch genutzt werden um zum Beispiel für das eigene Image, die eigene Unternehmensphilosophie zu werben. Ein Produkt, das über seinen Lebenszyklus nicht selbst CO2-neutral ist, darf nicht als solches beworben werden. Der durchgeführte CO2-Ausgleich zählt für das Produkt nicht.

Auch Siegel werden im Anhang der Richtlinie geregelt. Ein Nachhaltigkeitssiegel soll zukünftig nur noch angebracht werden dürfen, wenn es auf einem Zertifizierungssystem beruht oder von staatlichen Stellen festgesetzt wurde (Anhang I Nr. 2a UGP-RL-Entwurf). Selbstzertifizierungen sind verboten.

Von dem Verbot ausgenommen sind verpflichtende Kennzeichnungen, die nach Unionsrecht oder nationalem Recht vorgeschrieben sind.

Geplante Geltung ab 2 Jahre nach Erlass
Das EU-Parlament hat am 17.01.2024 final den im Trilog gefundenen Änderungen Richtlinie zugestimmt. Sie ist am 06.03.2024 im EU-Amtsblatt veröffentlicht und am 20. Tag nach der Veröffentlichung, also am 27.03.2024, wirksam geworden. Die Mitgliedstaaten haben nun bis zum 27.03.2026 Zeit für die Umsetzung in nationales Recht.
Voraussichtliche Auswirkungen: Die Richtlinie hat eine hohe Relevanz für zukunftsbezogene Umweltaussagen!

2. Green Claims-Richtlinie (Green Claim-Directive, kurz: GCD)

Die Green Claims-Richtlinie (Richtlinie über Umweltaussagen) befindet sich aktuell noch im europäischen Gesetzgebungsverfahren und soll die EmpCo-Richtlinie ergänzen. L_202400825DE.000101.fmx.xml (europa.eu)
Vorgestellt wurde diese Richtlinie im März 2023. Von der Richtlinie betroffen sind alle Unternehmen, die innerhalb der Europäischen Union tätig sind und an EU-Verbraucher gerichtete Werbung tätigen, ohne zwingend einen Unternehmenssitz in der Europäischen Union haben zu müssen. Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz unter 2 Millionen Euro, sind von der Green Claims-Richtlinie nicht betroffen. Der Anwendungsbereich bezieht sich auf freiwillige Umweltaussagen im B2C-Bereich. Auch diese Richtlinie zielt darauf ab, die Rolle der Verbraucher zu stärken und so „grüne Märkte“ in der EU zu realisieren. Dazu soll u.a. ein komplexes System zur Bewertung und Überprüfung von ausdrücklichen Umweltaussagen geschaffen werden. Zusätzlich enthält die Green Claims-Richtlinie umfangreiche Informationspflichten im Falle ausdrücklicher Umweltaussagen.
Die wichtigsten Regelungen sind:
Art. 3: Substantiierung aller Umweltaussagen im Voraus
  • Basis müssen anerkannte wissenschaftliche Nachweise und Beachtung internationaler Standards sein
  • Umweltaussage muss signifikant sein (Lifecycle-Betrachtung)
  • Angabe, ob Umweltperformance deutlich besser als die von Mitbewerbern/Produkten ist
  • Aufklärung über negative Gegenauswirkungen
  • Aufklärung über Kompensationsmaßnahmen vs. Einsparungen (Treibhausgase) und Angabe der hohen Integrität
  • Nur Verwendung aktueller Daten
Art. 5: Umfassende Informationspflichten bei Verwendung von Umweltclaims
  • Nur substantiierte Claims zulässig
  • „Gebrauchsanweisung“ (zusammen mit Claim) falls Benutzungsphase relevant ist
  • Benennung der Umweltaspekte; Standards; zugrundeliegende Studien; Erläuterung von Verbesserungen; Umfang von Kompensationsmaßnahmen/Einsparungen
  • Zertifikat!
  • Kurze Zusammenfassung
Art. 7 und 8: Zertifizierung auch von Umweltlabels
  • Neue Label nur noch durch die EU
  • Neue private Label nur noch bei „added value“
  • Genehmigungspflicht für Label aus Drittstaaten
Art. 10: Verifikation aller Umweltaussagen durch unabhängige Stelle
Art.13: Überwachung durch Behörde, Maßnahmen
  • Überprüfungsrechte/Untersuchungsrechte
  • Regelmäßige Überprüfung
  • Zuständig für Beschwerden von Verbrauchern
Art. 17: Festlegung von Strafen
Strafen und Bußgelder (die Obergrenze min. 4 % vom Jahresumsatz). Zudem möglich ist eine Gewinnabschöpfung so wie der Ausschluss von Ausschreibungen und Subventionen!
Geplante Geltung ab 2 Jahre nach Erlass
Im März 2023 hat die EU-Kommission einen ersten Entwurf für eine Richtlinie über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen und die diesbezügliche Kommunikation („Richtlinie über Umweltaussagen“, sog. „Green Claims-Directive“) veröffentlicht. Das Europäische Parlament hat sich ein Jahr später zu diesem Entwurf positioniert. Im Juni 2024 hat schließlich der Rat der Europäischen Union seinen Standpunkt zur Green-Claims-Richtlinie festgelegt, welche als Grundlage für die Trilog Verhandlungen hinsichtlich der finalen Fassung der Richtlinie dienen soll. Es wird frühstens mit dem Inkrafttreten der Richtlinie zum Ende des Jahres 2024 gerechnet. Anschließend hätten die Mitgliedsstaaten 24 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Voraussichtliche Auswirkungen: Die Richtlinie hat eine hohe Relevanz und bringt enorme Auswirkungen mit sich. Es ist mit einem erheblichen Mehraufwand für Unternehmen zu rechnen. Insbesondere besteht ein hohes Risiko für Werbende. Mit dem Inkrafttreten der EmpCo-Richtlinie sind die Anforderungen an umweltbezogener Werbung gestiegen. Im Kontext der noch ausstehenden finalen Fassung und Verabschiedung der kommenden Regelungen zur Green Claims Richtlinie sind Unternehmen gut beraten, sich frühzeitig mit beiden EU-Richtlinien und deren Implikationen auseinander zu setzen. Weitere Informationen finden Sie unter: BMUV: Greenwashing.