Die EU-Ökodesignverordnung (ESPR)

Die EU-Ökodesign-Verordnung (ESPR)
Die EU-Verordnung zur Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte (Verordnung (EU) 2024/1781) ist ein zentrales Element des Europäischen Green Deals. Sie ist am 18. Juli 2024 in Kraft getreten und ersetzt die bisherige Richtlinie 2009/125/EG.
Ziele und strategischer Ansatz
Die ESPR verfolgt das Gesamtziel, die Produktentwicklung in der EU an Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz auszurichten. Damit sollen Produkte:
  • langlebiger, reparier- und recyclebar werden
  • einen höheren Rezyklatanteil enthalten
  • ihren Gesamt-CO₂- und Umweltfußabdruck reduzieren
  • mithilfe eines Digitalen Produktpasses (DPP) mehr Transparenz über Herkunft und Lebenszyklus bieten.

1. Umfang
Die Verordnung gilt für alle physischen Waren, die in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden. Auch Bauteile und Zwischenprodukte (non-food Produkte) sind umfasst. Der Herstellungsort ist dabei unerheblich – entscheidend ist, dass der Hersteller das Produkt auf dem EU-Markt verkaufen möchte.
Vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind Arzneimittel, Erzeugnisse menschlichen Ursprungs, Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen, Fahrzeuge, Futtermittel, Lebende Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen, Lebensmittel und Tierarzneimittel.
2. Pflichten Produktdesign
Die betroffenen Produkte dürfen nur dann in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn die jeweiligen Leistungs- oder Informationsanforderungen für dieses Produkt erfüllt sind.
Die einzelnen Ökodesign-Anforderungen sind in den dafür erlassenen delegierten Rechtsakten festgelegt. Die folgenden Produktaspekte sind zu verbessern, sofern diese für die betreffende Produktgruppe relevant sind:
  • Energieverbrauch und Energieeffizienz
  • Funktionsbeständigkeit
  • Menge des voraussichtlich entstehenden Abfalls
  • Möglichkeit der Verwertung von Materialien
  • Möglichkeit der Wartung und Instandsetzung
  • Möglichkeit der Wiederaufarbeitung
  • Nachrüstbarkeit
  • Recyclingfähigkeit
  • Reparierbarkeit
  • Ressourcennutzung und Ressourceneffizienz
  • Rezyklatanteil
  • Umweltauswirkungen, einschließlich des CO2-Fußabdrucks und des Umweltfußabdrucks
  • Vorhandensein besorgniserregender Stoffe
  • Wassernutzung und Wassereffizienz
  • Wiederverwendbarkeit
  • Zuverlässigkeit
3. Vernichtungsverbot
Unverkaufte Verbraucherprodukte dürfen ab dem 19. Juli 2026 nicht mehr vernichtet werden. Das gilt ab dem 19. Juli 2030 für mittlere Unternehmen. Kleinst- und Kleinunternehmen sind von der Pflicht nicht betroffen.
Wirtschaftsteilnehmer, die unverkaufte Verbraucherprodukte entsorgen oder in ihrem Auftrag entsorgen lassen, müssen Informationen, so etwa die Anzahl und das Gewicht der entsorgten Produkte und Gründe für die Entsorgung, offenlegen.
Aktuell bezieht sich das Vernichtungsverbot auf Bekleidung, Bekleidungszubehör und Schuhe.
4. Digitaler Produktpass (DPP)
Produkte dürfen nur dann in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn ein rechtskonformer digitaler Produktpass (DPP) verfügbar ist. Dieser soll einen einheitlichen Datenaustausch ermöglichen und dem Verbraucher Informationen zur Umweltverträglichkeit eines Produkts bereitstellen. Die Daten im DPP müssen richtig, vollständig und auf dem neusten Stand sein. Verantwortlich für den DPP ist das Unternehmen, das das Produkt erstmalig in der EU bereitstellt.
Die inhaltlichen Anforderungen setzen unter anderem Informationen über den Hersteller, Benutzerhandbücher und die Global Trade Identification Number (GTIN) voraus. Die benötigten inhaltlichen Informationen werden zudem in delegierten Rechtsakten festgelegt.
Der DPP basiert nicht auf einem zentralen Datensystem. Damit auf die im DPP enthaltenen Informationen über die gesamte Lebensdauer des Produktes zugegriffen werden kann, soll eine Sicherungskopie auf einem Datenträger bei einem qualifizierten Digitalen Produktpass-Dienstleister gespeichert werden.
Die EU-Kommission erstellt zudem bis zum 19.07.2026 ein digitales Produktpassregister, in dem auf sichere Weise die eindeutigen Produktkennungen gespeichert werden sollen. Außerdem entsteht ein öffentlich zugängliches Webportal, in dem die in den DPP enthaltenen Daten gesucht und verglichen werden können.
5. CE- Kennzeichnung
Bevor ein Produkt, das unter eine delegierte Verordnung fällt, in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wird, muss ein Konformitätsverfahren durchgeführt werden. Dies kann entweder vom Hersteller selbst oder in dessen Auftrag erfolgen. Ziel ist es, sicherzustellen, dass das Produkt den Ökodesign-Vorgaben der entsprechenden Rechtsakte entspricht. Dazu müssen technische Unterlagen erstellt werden, die die Einhaltung dieser Anforderungen belegen. Anschließend wird eine EU-Konformitätserklärung erstellt und das Produkt mit der CE-Kennzeichnung versehen.
6. Energie-Label
Die Ökodesign-Verordnung führt anstelle des bisherigen EU-Energielabels ein neues Energielabel für energieverbrauchsrelevante Produkte ein. Dieses gilt für jedes Produkt, das erstmals in der EU auf den Markt kommt und von der Verordnung betroffen ist.
Alte oder gebrauchte Produkte sind nur dann betroffen, wenn sie in die EU importiert und hier erstmalig zum Verkauf angeboten werden – es sei denn, die Verordnung enthält spezielle Anforderungen zur Inbetriebnahme. Je nach Produktkategorie kann es zudem erforderlich sein, beim Abverkauf ein neues Energielabel zu verwenden.
7. Produktdatenblatt
Das Produktdatenblatt dient dazu die Konformität des Produktes nachzuweisen. Die Anforderungen an das Produktdatenblatt ergeben sich aus den delegierten Rechtsakten. Es muss klar und verständlich getrennt vom EU-Energielabel dargestellt werden. Außerdem muss es in der Nähe des Produktpreises oder auf der Produktseite zugänglich sein, sodass Verbraucher und Marktüberwachungsbehörden die Angaben einsehen können.
8. Übergangsregelung (bis 31.12.2026)
Für Produktgruppen, für die delegierte Verordnungen unter der bisherigen Richtlinie 2009/125/EG spezifische Anforderungen stellen, gelten bis zum 31. Dezember 2026 Übergangsregelungen.
Für folgende Produktgruppen gelten einige Artikel der Verordnung bis dahin noch nicht:
  • Bildgebende Geräte
  • Computer
  • Externe Netzteile
  • Festbrennstoffkessel
  • Festbrennstoff-Einzelraumheizgeräte
  • Gewerbliche Kühlgeräte
  • Industrieventilatoren
  • Kochgeräte
  • Leistungstransformatoren
  • Luftheizungs- und -kühlungsprodukte
  • Lüfungsanlagen
  • Photovoltaikmodule
  • Raumklimageräte, einschließlich Luft-Luft-Wärmepumpen und Komfortventilatoren
  • Raum- und Kombiheizgeräte
  • Server und Datenspeicherprodukte
  • Staubsauger
  • Umwälzpumpen
  • Warmwasserbereiter
  • Wasserpumpen
weitere Informationen finden Sie in Artikel 79 der Verordnung
9. Zeitrahmen
Delegierte Rechtsakte nach der Ökodesign-Verordnung können frühstens im Juli 2025 in Kraft treten – ein Jahr nachdem die Verordnung selbst in Kraft getreten ist. Es wird erwartet, dass die ersten spezifischen Produktverordnungen, die die Ökodesign-Verordnung umsetzen, bis Ende 2025 in Kraft treten werden.
Weiterführende Informationen: Ein detailliertes FAQ-Dokument der Europäischen Kommission beantwortet alle wichtigen Fragen (Dokument ist bislang nur auf Englisch verfügbar)