Tiefbauarbeiten

Die Berufsbilder des industriellen Tiefbaus, des zulassungspflichtigen handwerklichen Straßenbaus sowie des Garten- und Landschaftsbaus überschneiden sich in vielen Bereichen, u. a. dort, wo es um die Schaffung von Entwässerungskanälen sowie das Anlegen von Wegen und (Park-)Plätzen geht. Dadurch gestaltet sich die Abgrenzung schwierig.

1. Tätigkeiten des klassischen Tiefbaus ohne Handwerksrollen-Eintragung

Durchgeführt werden können Erdbewegungsarbeiten, Erdtransporte, Ausschachten, Rollierungsarbeiten, Ausheben von Gräben, Böschungsbegradigungen, Baggerarbeiten, Abbrucharbeiten, einfache Planierungen, Erdkabelverlegungen, Pipelineverlegungen sowie Waldwegebefestigungen. Zulässig ist auch das Wiederherstellen von Straßenbelägen in Verbindung mit vorausgegangenen selbst durchgeführten Tiefbaumaßnahmen (etwa wenn eine Straße gequert werden musste) und das Anlegen von befahrbaren Wegen, Plätzen und Parkflächen im Zusammenhang mit (landschafts-)gärtnerisch geprägten Anlagen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 30. März 1993 festgestellt, dass dem Straßenbauerhandwerk in diesem Bereich kein Ausschließlichkeitsanspruch zusteht (Näheres hierzu auf der Seite Garten- und Landschaftsbau oder Straßenbauhandwerk?).

2. Tätigkeiten des Kanal- und Rohrleitungsbaus ohne Handwerksrollen-Eintragung

Der Kanal- bzw. Rohrleitungsbau stellt nicht zwangsläufig eine zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeit dar. So gehört der Kanalbau – soweit nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Straßenbauprojekten – zu den nichthandwerklichen Spezialtätigkeiten des Tiefbaus, die ohne Handwerksrolleneintragung ausgeübt werden können. Lediglich der Umstand, dass Kanalbauarbeiten im Berufsbild des Straßenbauers erwähnt sind, führt nicht dazu, den Kanal- und Rohrleitungsbau (Berufszweige des Tiefbaus mit eigenen industriellen Ausbildungsgängen) als wesentliche zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeit zu qualifizieren. Bei der Definition wesentlicher Tätigkeiten ist nach der Rechtsprechung das aktuelle Wirtschaftsgeschehen zu berücksichtigen, das durch die große Anzahl spezialisierter Tiefbauunternehmen gekennzeichnet ist. So stellt das OVG Koblenz in seiner Entscheidung vom 11. April. 1989 klar, dass der handwerkliche Charakter von Tiefbauunternehmen immer nur für den Einzelbetrieb anhand seiner Gesamtstruktur beurteilt werden kann.
Als wesentlich für die nichthandwerkliche Pipelineverlegung wurde dabei angesehen, dass sich das Tiefbauunternehmen:
  • nicht oder nur am Rande auf dem Gebiet der Herstellung und Instandsetzung von dem Straßenverkehr dienenden Verkehrsflächen betätigt;
  • sein Arbeitsfeld auch im Übrigen keinen signifikanten sachlichen oder räumlichen Zusammenhang mit dem Straßenbau aufweist;
  • der Schwerpunkt der Betätigung in der Mitwirkung bei der Pipeline-Verlegung und bei sonstigen Ver- und Entsorgungsleitungen liegt, wobei diese nicht primär städtebaulich ausgerichtet sind, sondern sich im Wesentlichen im Außenbereich vollziehen.
Dies wird von weiteren obergerichtlichen Entscheidungen bestätigt, so für die Herstellung von Abwasserkanälen im freien Feld und für Schmutzwasserkanäle, die in einem gewissen Abstand parallel zur Straße errichtet wurden. Voraussetzung ist weiter die Verwendung von Beton-Fertigbauteilen für die Anlegung der Kanäle und Schächte.
Unter den genannten Umständen ist auch die Verlegung von Entwässerungs- und Versorgungsleitungen und die Errichtung von Kanälen ohne unmittelbaren Zusammenhang mit dem Bau einer Straße außerhalb des handwerklichen Berufsbildes möglich.
Sollte für das Aufnehmen einer Straßendecke oder eines Gehwegbelags eine besondere Genehmigung erforderlich sein, darf die Erteilung daher nicht davon abhängig gemacht werden, ob eine Eintragung in der Handwerksrolle nachgewiesen werden kann.

3. Pflasterarbeiten

Unter bestimmten Umständen sind auch Pflasterarbeiten, die grundsätzlich als wesentliche Tätigkeit dem Straßenbauerhandwerk zugehören, ohne Eintragung in die Handwerksrolle möglich. Auf die Ausnahmeregelung für den Landschafts- und Gartenbau bei landschaftsgärtnerisch geprägten Anlagen wurde bereits hingewiesen (s. auch Merkblatt Garten- und Landschaftsbau oder Straßenbauhandwerk?). Das OVG Lüneburg (21. Dezember 1992) kommt zu dem Ergebnis, dass ein Unternehmen mit dem Geschäftszweig "Erdbau und Herstellung von Betonwaren", das neben Tiefbauarbeiten und der Kabelverlegung auch Pflastererarbeiten durchführt, keiner Eintragung in die Handwerksrolle bedarf, da der Pflastererumsatz nur einen geringen Teil des Gesamterlöses darstellte. Was die handwerkliche Zuordnung betrifft, kommt es auf die Gesamtstruktur des Unternehmens an. Liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit im erdverlegten Rohrleitungs- sowie Kabelbau, der zum Arbeitsfeld der industriellen Ausbildungsberufe gehört, gilt die Handwerksordnung nicht.
Im Rahmen von Garten- und Landschaftsbau-Tätigkeiten ist das Pflastern, das Verlegen von Verbundsteinpflaster, das Verlegen von Natursteinplatten bei überwiegend landschaftsgärtnerisch geprägten Anlagen möglich.

4. Werbung mit Tiefbau- bzw. Garten- und Landschaftsbau-Tätigkeiten

Für die Werbung ist es wesentlich, dass die angekündigte Tätigkeitspalette präzise beschrieben wird und nicht der Eindruck umfassender Straßenbaumaßnahmen bzw. meisterlicher Kenntnisse vermittelt wird. Soweit Pflasterertätigkeiten beworben werden, ist die ausschließliche Durchführung im Zusammenhang mit Garten- und Landschaftsbaumaßnahmen herauszustellen, da andernfalls der Eindruck allgemeiner Pflasterarbeiten auch außerhalb landschaftsgärtnerisch geprägter Anlagen entstehen kann. (Weitere Ausführungen zur Werbung aus der Seite Garten- und Landschaftsbau oder Straßenbauhandwerk?)
Die Werbung: "Wir übernehmen… die Gestaltung Ihrer Außenanlage… Pflaster… in fertiger Arbeit" bewertete das OLG Köln (16. November 1999) als wettbewerbskonform. Insbesondere der Hinweis "Gestaltung Ihrer Außenanlage" lasse Privatgrundstücke mit Gartenanteil erwarten; in diesem Zusammenhang sei die Ausführung von Pflasterarbeiten auch ohne Eintragung in die Handwerksrolle erlaubt. Auch die Tatsache, dass ggf. ausschließlich Pflasterarbeiten ausgeführt werden sollen, führe nicht zu einer anderen Bewertung. Pflasterarbeiten gehören schon dann zum Gewerbe des Garten- und Landschaftsbaus, wenn sie sich unabhängig von einem konkreten Auftrag auf ein Objekt mit gärtnerischer Prägung beziehen.

5. Quellen

Urteile zur Abgrenzung
  • BVerwG vom 30.03.1993 (Gewerbearchiv 1993, Seite 329 ff.)
  • OVG Rheinland-Pfalz vom 11.04.1989 (Gewerbearchiv 1989, Seite 291)
  • OVG Lüneburg vom 29.03.1989 (Az. 8 OVG A 65/87)
  • OVG Lüneburg vom 21.12.1992 (Az. 8 L 4480/91)
  • OLG Düsseldorf vom 20.06.1994 (Gewerbearchiv 1994, Seite 380 ff.)
  • VGH Baden-Württemberg vom 07.05.1969 (Az. VI 135/66)
Entscheidungen zur Werbung
  • LG Itzehoe vom 18.11.1997 (Gewerbearchiv 1998, Seite 253 ff.)
  • OLG Celle vom 19.07.2002 (Gewerbearchiv 2002, Seite 431)
  • OLG Düsseldorf vom 14.05.2001 (Gewerbearchiv 2002, Seite 34 ff.)
Sonstiges
  • Die Abgrenzung Handwerk/Industrie in der Tiefbaubranche, Dr. Gerhard Müller (Gewerbearchiv 1986, Seite 79 ff.)
  • Der DIHK-Arbeitskreis Handwerksrecht informiert
  • Merkblatt "Garten- und Landschaftsbau oder Straßenbauerhandwerk?"