IHK Frankfurt am Main fordert Evaluierung des neuen Radwegs an der Eschersheimer Landstraße


7. März
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt am Main hat auf Grundlage einer selbst durchgeführten Befragung die Folgen des neu eingerichteten Radwegs entlang der Eschersheimer Landstraße für die ansässigen Gewerbebetriebe untersucht. Die Analyse der Befragung zeigt einen deutlichen Umsatzrückgang bei der überwiegenden Zahl der betroffenen Unternehmen seit der Umsetzung des Radwegs.
Das Verkehrsdezernat versicherte den Gewerbetreibenden vor der Umsetzung im Oktober: „Die Maßnahme wird in den kommenden Monaten im Blick behalten und analysiert. Bei eventuell auftretenden Problemlagen wird selbstverständlich nachjustiert.“ Bisher warten die Unternehmen vor Ort jedoch auf die Einlösung dieses Versprechens. „Seit dem Tag, an dem das Verkehrsdezernat unangekündigt in unseren Laden kam, um die Pläne vorzustellen, haben wir nichts mehr von der Stadt gehört. Keine Nachfrage, wie sich die Maßnahmen auf unser Geschäft auswirken oder ob wir Änderungsvorschläge haben. Nur ein Metallpoller wurde durch einen Plastikpoller ersetzt, weil er dauernd umgefahren wird. Von Analysieren und Nachjustieren kann hier keine Rede sein“, bemängelt Anita Schwarz, Inhaberin von Pelze am Dornbusch und Vorsitzende des Geschäftsrings Dornbusch e.V., das Vorgehen des Verkehrsdezernats.
Im Rahmen ihrer selbst durchgeführten Unternehmensbefragung bei Geschäften mit Ladenfront in Erdgeschosslage erhielt die IHK Frankfurt insgesamt 26 Rückmeldungen (Grafik 1). Lediglich bei sechs Unternehmen blieben die Umsätze gleich, während bei den 20 anderen befragten Unternehmen Umsatzrückgänge von bis zu 40 Prozent zu beobachten waren (Grafik 2). Dies führt bereits jetzt dazu, dass acht Betriebe nicht mehr rentabel wirtschaften können. Bei zwei weiteren Betrieben sind die Geschäftszahlen derzeit noch in Prüfung. Insgesamt neun Betriebe denken darüber nach, ihr Geschäft abzugeben, sich einen neuen Standort zu suchen oder gar zu schließen.
Besonders prekär ist die Situation im Bereich zwischen Eduard-Rüppell-Straße und Spenerstraße. Keines der dort befragten Unternehmen gab an, derzeit noch rentabel zu sein (Übersichtskarte Eschersheimer Landstraße). Alle dort Befragten denken darüber nach, zu schließen, einen neuen Standort zu suchen oder ihr Geschäft abzugeben. Ein Betrieb befindet sich derzeit in Rentabilitätsprüfung.
„Es fehlen vor allem die Kunden aus dem Taunus und anderen Kommunen, die bisher auf dem Weg von der Arbeit nach Hause hier angehalten haben, um sich die Haare schneiden zu lassen. Aber auch bisherige Stammkunden kommen nicht mehr, weil sie hier nirgendwo parken können. Derzeit zahle ich drauf. Wenn das so weitergeht, muss ich schließen”, berichtet Ramo D., Inhaber des Barbiershop by Ramo.
Diesen Eindruck spiegelt auch das Ergebnis der IHK-Befragung wider. Insbesondere Unternehmen, die bislang von der Eschersheimer Landstraße als zentrale Verkehrsachse für Pendler aus dem Vordertaunus profitieren konnten, leiden nun überproportional unter der erfolgten Verkehrsflächenanpassung. Der Wegfall von Parkplätze und der zunehmende Stau sorgen dafür, dass Kunden sich räumlich umorientieren.
Die aktuelle Situation erschwert dabei nicht nur die Erreichbarkeit der Unternehmen für ihre Kunden. „Meine Lieferanten finden keine Haltemöglichkeit mehr. Die Parkplätze sind ständig belegt, die Radspur darf nicht befahren werden und sonst ist nirgendwo Platz. Ein Lieferant aus den Niederlanden hat deshalb bereits gekündigt. Ich musste daher einen neuen Lieferanten suchen und beauftragen, bei dem die Blumen allerdings deutlich teurer sind. Das wirkt sich negativ auf die Preise für meine Kunden und meine Gewinnmarge aus“, erläutert Vladka Schäfer, Inhaberin des Blumen Dornröschens.
Susanne von Verschuer, Vize-Präsidentin der IHK Frankfurt am Main, zeigt sich besorgt angesichts der Schilderungen der betroffenen Gewerbetreibenden: „Die Situation ist ernst. Zahlreiche Unternehmen, die auch eine wichtige Nahversorgungsfunktion im Dornbusch übernehmen, stehen vor dem Aus. Es zeigt sich, dass auch die von uns vorgeschlagenen Anpassungen nicht dazu beitragen konnten, die Lage für die Unternehmen zu entschärfen. Angesichts dieser Situation nehmen wir die Stadt beim Wort und fordern, dass die Maßnahme evaluiert und gegebenenfalls nachjustiert wird. Dieser Prozess sollte ergebnisoffen sein und darf auch einen Rückbau nicht ausschließen. Dabei sollten nicht nur die Bedarfe des Radverkehrs, sondern auch die anderer Verkehrsteilnehmer sowie der anliegenden Unternehmen gleichermaßen berücksichtigt werden. “
Ein Teil der befragten Unternehmen steht dem Radweg und den damit einhergehenden Anpassungen neutral gegenüber. Einzelne Unternehmen befürworten auch den Ausbau von Radinfrastruktur. Keines der Unternehmen konnte durch die Maßnahmen allerdings einen positiven Effekt auf Umsatz oder Kundenfrequenz beobachten.

Hintergrund:

Im September 2024 informierte die Stadt Frankfurt über die geplanten Anpassungen der Verkehrsflächen entlang der Eschersheimer Landstraße im Zuge der Einrichtung eines Radwegs. Dies erfolgte, ohne zuvor mit den anliegenden Unternehmen den Austausch gesucht zu haben. Nach Kritik durch die anliegenden Unternehmen ermöglichte das Verkehrsdezernat der IHK Frankfurt am Main einige Anpassungsvorschläge zu äußern, von denen sich die Unternehmen und die Kammer erhoffte, dass sie die negativen Auswirkungen auf die Gewerbetreibenden reduzieren könnten. Einige der Vorschläge konnte die Stadt übernehmen, andere lehnte sie begründet ab. Bereits im Oktober erfolgte dann die Umsetzung.