Verfahren für grenzüberschreitende Dienstleistungen in der EU vereinfachen


15. Oktober 2025
Der grenzüberschreitende Austausch von Dienstleistungen unterliegt auch über 30 Jahre nach Inkrafttreten des EU-Binnenmarktes wegen der Vielzahl unterschiedlicher nationaler Regelungen bürokratischen Hürden, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen stellen. Gerade für diese Unternehmen, insbesondere wenn sie ihre Mitarbeiter nicht regelmäßig grenzüberschreitend einsetzen, ist die Bearbeitung der anfallenden Formalitäten für einen Arbeitseinsatz bei Projekten im EU-Ausland komplex und zeitaufwändig. Bei Regelverstößen drohen gravierende Strafen, die existenzbedrohend sein können.
„Das Inkrafttreten des EU-Binnenmarkts vor über 30 Jahren hat den Warenaustausch vereinfacht, Kosten gesenkt und den Wettbewerb gestärkt. Aus Sicht der Wirtschaft sollte nun endlich auch der bürokratische Aufwand im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Mitarbeiterentsendung so weit wie möglich zurückgefahren werden, und notwendige Formalitäten sollten EU-weit vereinheitlicht werden. Nur so wird es gelingen, das große Potential, das der EU-Binnenmarkt bietet, umfassend auszuschöpfen. Angesichts handelspolitischer Unsicherheiten und zunehmender Probleme auf den außereuropäischen Märkten ist genau das dringend erforderlich“, so der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt am Main Dr. Clemens Christmann.
Mehr als 70 Prozent der Unternehmen im Bezirk der Frankfurter IHK erwirtschaften ihre Umsätze im Dienstleistungssektor. Nicht wenige von ihnen auch in den europäischen Nachbarstaaten. Darüber hinaus bieten zahlreiche produzierende Unternehmen neben ihren Waren (z. B. Maschinen und Anlagen) auch ergänzende Dienstleitungen (Installation, Wartung, Reparatur, Schulung, etc.) an. Nicht selten ist damit die Entsendung eigenen Personals ins EU-Ausland verbunden.
Was in den dann erforderlichen Entsendemitteilungen abgefragt wird, ist von Land zu Land unterschiedlich. Abweichungen gibt es auch bei den vorzuhaltenden und teilweise vor Ort mitzuführenden Dokumenten und den erforderlichen Übersetzungen. Aus Sicht der IHK Frankfurt ist es als kleiner Schritt in die richtige Richtung zu werten, dass sich im Jahr 2024 neun Mitgliedsstaaten auf ein einheitliches Format für die sogenannte „E-Declaration“ geeinigt haben. Ein zentrales Meldeportal für eine EU-weit einheitliche Entsendemitteilung würde die betroffenen Unternehmen weiter entlasten.
Um Unternehmen zu unterstützen, hatte die IHK Frankfurt am Main für heute zur Veranstaltung „International aktiv mit Dienstleistungen in Europa – Fokus auf Frankreich, Italien, Österreich und Luxemburg“ eingeladen. Vertreter der jeweiligen nationalen Arbeitsmarktbehörden, die in ihren Staaten für die Umsetzung der Entsendegesetze zuständig sind, erläuterten die Verfahren und stellten sich den Fragen der teilnehmenden hessischen Unternehmensvertreter. Im Erfahrungsaustausch auf dem Podium wurde deutlich, wo die Fallstricke bei der internationalen Mitarbeiterentsendung in der Praxis liegen. Außerdem gab es Tipps für den Umgang mit Kontrollen und Bußgeldbescheiden. Das gemeinsam von der European Labour Authority und dem Enterprise Europe Network bei der IHK Frankfurt initiierte Format zielte darauf ab, hessischen Unternehmen Wissen für rechtssichere Entsendungen an die Hand zu geben und ihnen eine Plattform für den Erfahrungsaustausch zu bieten. Die 2019 ins Leben gerufene European Labour Authority hat auch den Auftrag, Unternehmen die Nutzung der Vorteile des Binnenmarkts zu erleichtern.
Hintergrund:
Mit dem Inkrafttreten des EU-Binnenmarkts im Jahr 1993 wurde die Dienstleistungsfreiheit als eine der vier Grundfreiheiten eingeführt. Sie sollen sowohl den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen sowie die grenzüberschreitende Mobilität von Personen und Kapital gewährleisten. Gemessen am BIP ist die EU der stärkste Wirtschaftsraum der Welt.