Eine starke Frankfurter Innenstadt braucht politischen Rückhalt und schnelleres Handeln Erreichbarkeit, Sauberkeit und Sicherheit sind Grundvoraussetzung. Wichtig ist das Schaffen von Emotionsräumen
27. Mai 2025
Vor dem Hintergrund der jüngsten IFH-Passantenbefragung „Vitale Innenstädte 2024” diskutierten am Montagabend in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt am Main Vertreter aus Politik und Wirtschaft über die aktuelle Situation in der Frankfurter Innenstadt. Sie blickten besonders auf den akuten Handlungsbedarf in der City und erörterten Strategien für die identifizierten Problemfelder.
Die Zeil behauptet sich weiterhin als Einkaufsmeile der Region FrankfurtRheinMain und belegte 2024 den dritten Platz unter den meistbesuchten Einkaufsstraßen Deutschlands. Die Passantenfrequenzen haben sich mittlerweile auf dem Vor-Corona Niveau stabilisiert. Dennoch ist die Situation nicht zufriedenstellend. Trotz hoher Passantenfrequenzen sehen sich der Einzelhandel und die Gastronomie mit rückläufigen Umsätzen konfrontiert.
In der Veranstaltung wurden die Ergebnisse der Passantenbefragung „Vitale Innenstädte“ eingehend diskutiert. Als Haupthemmnisse für einen Besuch der Innenstadt nannten die 1.000 befragten Umlandbewohner vor allem Themen aus dem Bereich Verkehr (hohe Parkgebühren, hohes Verkehrsaufkommen, schlechtes Vorankommen, zu wenig Parkplätze, schlechte Erreichbarkeit mit dem Pkw, zu viele (Dauer-)Baustellen). Zudem halten die Themen Sauberkeit und Sicherheit potenzielle Besucher von einem Besuch der Innenstadt ab. Die Kunden aus dem Umland kommen zu einem großen Teil mit dem Pkw nach Frankfurt und stehen für höhere Umsätze als Stadtbewohner. Insgesamt gaben 36 Prozent der Befragten an, dass sie die Innenstadt seltener besuchen.
Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst: „Die hohe Besucherfrequenz in der Frankfurter Innenstadt – auch aus dem Umland – zeigt, dass unsere Stadt ein attraktives Ziel zum Einkaufen und Verweilen ist. Das ist nicht zuletzt dem großen Engagement unserer Einzelhändler und Gewerbetreibenden zu verdanken. Und auch der Immobilienwirtschaft, die in die Frankfurter Innenstadt investiert. Gleichzeitig macht die Passantenbefragung deutlich, dass es weiteren Handlungsbedarf gibt, um das städtische Umfeld noch ansprechender zu gestalten. Eine zukunftsfähige Innenstadtentwicklung in Frankfurt setzt eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur sowie weitere für die Aufenthaltsqualität entscheidende Faktoren wie beispielsweise Sauberkeit und Sicherheit sowie attraktive öffentliche Räume voraus.“
Ulrich Caspar, Präsident der IHK Frankfurt am Main: „Die Verkehrspolitik in Frankfurt hat spürbar negative Auswirkungen auf den innerstädtischen Einzelhandel – und in der Folge auch auf die Gastronomie. Insbesondere auswärtige Kunden, die mit dem Auto in die Innenstadt kommen könnten, nehmen die Auswirkungen der Verkehrspolitik zunehmend als Besuchshindernis war. Als Grund dafür, dass sie vom Besuch der Frankfurter Innenstadt abgehalten werden, nannten 77 Prozent zu hohe Parkgebühren und 69 Prozent die innerstädtischen Verkehrsstaus. Die Innenstadt sollte für alle Kunden und Besucher unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel schnell, günstig und zuverlässig erreichbar sein. Park-and-Ride-Parkplätze sollten sowohl auf Frankfurter Gemarkung als auch im Umland ausgebaut werden. Denn jeder Kunde zählt.“
„Wir begreifen Frankfurt als lebendige Stadt, die nicht nur aus Gastronomie bestehen kann. Gastronomie, ob tags oder abends, ob in der Innenstadt oder in den Stadtteilen, kann nur dort funktionieren, wo auch der Handel ist. Wo eine Straße für den Verkehr gesperrt wird, macht man es dem Handel zusätzlich schwer und verdrängt ihn unwiderruflich. Die Gastronomie wird auch dort dann eher eine Nachtgastronomie sein, so wie in Alt Sachsenhausen. Daneben sollte die Stadt dringend am Erscheinungsbild der Innenstadt arbeiten – vom Eingangstor, dem Bahnhofsviertel, bis hin zu den innerstädtischen Plätzen und der Zeil. Frankfurt sollte sich für Besucher aus der Region, aber auch hinsichtlich der für unsere Wirtschaft so wichtigen internationalen Gäste besser präsentieren, als dies heute der Fall ist“, sagt Robert Mangold, Präsident des DEHOGA Hessen e V..
„Alle heute angesprochenen Herausforderungen für die Innenstadt beobachten wir Land auf Land ab – sie sind nicht Frankfurt-exklusiv. Wichtig ist, dass getroffene Maßnahmen kommuniziert werden und mit dem Handel vor Ort gesprochen wird. Tolle Ansätze finden wir im europäischen Ausland, hier kann man sich das ein oder andere abschauen – sei es eine Fahrradparkgarage, moderne Stadtbegrünung oder ein digitales Parkleitsystem. Sicherheit und Sauberkeit sollte immer die Basis sein. Lassen Sie uns Probleme ansprechen, aber auch das vorhandene Positive hervorheben“, ergänzt Jochen Ruths, Präsident des Handelsverbands Mitte.
Unternehmertestimonials:
Nils Andreas, Geschäftsführer Samen-Andreas oHG
„Seit der Umgestaltung der Töngesgasse erleben wir, dass einige unserer Stammkunden, die früher mit dem Auto zu uns gekommen sind, fernbleiben, sogar die ganze Innenstadt meiden.
Aufgrund der aktuellen herausfordernden Gemengelage aus Inflation, Verkehrschaos (öffentlich wie individual), strukturellem Wandel und Wettbewerb mit dem Online-Handel, bleibt die Frage der Erreichbarkeit für alle Kundengruppen ein zentrales Problem für den stationären Handel.“
„Seit der Umgestaltung der Töngesgasse erleben wir, dass einige unserer Stammkunden, die früher mit dem Auto zu uns gekommen sind, fernbleiben, sogar die ganze Innenstadt meiden.
Aufgrund der aktuellen herausfordernden Gemengelage aus Inflation, Verkehrschaos (öffentlich wie individual), strukturellem Wandel und Wettbewerb mit dem Online-Handel, bleibt die Frage der Erreichbarkeit für alle Kundengruppen ein zentrales Problem für den stationären Handel.“
James Ardinast, Founder & CEO IMA CLIQUE GmbH
„Wir brauchen eine neue Programmierung der Innenstadt, ein neues Verständnis für urbane Räume. Statt Konsum sollte der Mensch wieder in den Mittelpunkt gesetzt werden. Mehr Grünflächen, eine diverse Nutzung öffentlicher Räume und ein attraktives Angebot sind daher aus Sicht vieler Gastronomiebetriebe essenziell für eine lebendige und einladende Innenstadt. Unsere Gäst:innen suchen Orte mit Aufenthaltsqualität – kühlender Schatten, Stadtgrün und gut gestaltete Plätze gehören einfach dazu. Die Hauptwache als zentraler Zugang zur Zeil wird diesem Anspruch seit Jahren nicht gerecht. Die derzeitige Übergangslösung wirkt wenig ansprechend und entspricht weder der Bedeutung des Ortes noch den Erwartungen von Besucher:innen. Eine gemeinsame Vision, sowie eine gestalterische Weiterentwicklung mit mehr Grün, Sauberkeit und klarer Nutzungsperspektive ist essenziell – und das lieber heute, als morgen.“
„Wir brauchen eine neue Programmierung der Innenstadt, ein neues Verständnis für urbane Räume. Statt Konsum sollte der Mensch wieder in den Mittelpunkt gesetzt werden. Mehr Grünflächen, eine diverse Nutzung öffentlicher Räume und ein attraktives Angebot sind daher aus Sicht vieler Gastronomiebetriebe essenziell für eine lebendige und einladende Innenstadt. Unsere Gäst:innen suchen Orte mit Aufenthaltsqualität – kühlender Schatten, Stadtgrün und gut gestaltete Plätze gehören einfach dazu. Die Hauptwache als zentraler Zugang zur Zeil wird diesem Anspruch seit Jahren nicht gerecht. Die derzeitige Übergangslösung wirkt wenig ansprechend und entspricht weder der Bedeutung des Ortes noch den Erwartungen von Besucher:innen. Eine gemeinsame Vision, sowie eine gestalterische Weiterentwicklung mit mehr Grün, Sauberkeit und klarer Nutzungsperspektive ist essenziell – und das lieber heute, als morgen.“
Azalia Daneshmand-Jurczyk, General Sales Manager ANSON´S Frankfurt MyZeil
„Frankfurt ist eine Stadt mit Strahlkraft – das gilt auch für den Einzelhandel in der Innenstadt. Damit wir unseren Kundinnen und Kunden ein positives Einkaufserlebnis bieten können, braucht es ein sicheres und einladendes Umfeld. Hier sind Stadt, Politik und Handel gleichermaßen gefragt. Wir bei ANSON‘S setzen uns täglich dafür ein, Mode, Service und Atmosphäre auf hohem Niveau zu bieten – und wünschen uns, dass das Stadtbild diese Qualität ebenfalls widerspiegelt.“
„Frankfurt ist eine Stadt mit Strahlkraft – das gilt auch für den Einzelhandel in der Innenstadt. Damit wir unseren Kundinnen und Kunden ein positives Einkaufserlebnis bieten können, braucht es ein sicheres und einladendes Umfeld. Hier sind Stadt, Politik und Handel gleichermaßen gefragt. Wir bei ANSON‘S setzen uns täglich dafür ein, Mode, Service und Atmosphäre auf hohem Niveau zu bieten – und wünschen uns, dass das Stadtbild diese Qualität ebenfalls widerspiegelt.“
Ronald Hoogerbrugge, Präsidium Frankfurt Hotel Alliance e. V.
„Eine internationale Stadt wie Frankfurt sollte ihre Gäste mit einer spürbaren Willkommenskultur empfangen. Die Belebung unserer Innenstadt und zentraler Plätze spielt dabei eine wesentliche Rolle. Das ist weit mehr als Stadtgestaltung – es ist ein klares Bekenntnis zu einer einladenden und gastfreundlichen Metropole. Wenn wir attraktive und lebendige Räume schaffen, fühlen sich Gäste aus dem In- und Ausland willkommen. Eine gezielte Aufwertung durch vielfältige Maßnahmen ist daher nicht nur wünschenswert, sondern essenziell für eine nachhaltige touristische Entwicklung.“
„Eine internationale Stadt wie Frankfurt sollte ihre Gäste mit einer spürbaren Willkommenskultur empfangen. Die Belebung unserer Innenstadt und zentraler Plätze spielt dabei eine wesentliche Rolle. Das ist weit mehr als Stadtgestaltung – es ist ein klares Bekenntnis zu einer einladenden und gastfreundlichen Metropole. Wenn wir attraktive und lebendige Räume schaffen, fühlen sich Gäste aus dem In- und Ausland willkommen. Eine gezielte Aufwertung durch vielfältige Maßnahmen ist daher nicht nur wünschenswert, sondern essenziell für eine nachhaltige touristische Entwicklung.“
Antje Parra Mora, Inhaberin Trendgeschick
„Die Neue Altstadt ist ein touristisches Kleinod der Frankfurter Innenstadt, das gerne von Einheimischen und internationalen Besuchern gleichermaßen frequentiert wird. Leider sind die hier angesiedelten Unternehmen kaum sichtbar, da die starren Werbevorschriften der Stadt keinen Spielraum für die unternehmerische Freiheit der Außengestaltung zulassen. Weiteres Kopfzerbrechen bereitet dem Einzelhandel und der Gastronomie der Neuen Altstadt der geplante Umbau der Schirn-Kunsthalle, der voraussichtlich bis 2028 dauern wird. Um die Neue Altstadt als Wirtschaftsstandort weiterzuentwickeln, ist es nötig, diese Themen frühzeitig anzugehen und gemeinsam mit den ansässigen Unternehmen nach Lösungen zu suchen. Darüber hinaus sind Maßnahmen zur Klimaanpassung erforderlich, damit sich die Kunden zu jeder Jahreszeit an diesem wunderbaren Ort wohlfühlen können.“
„Die Neue Altstadt ist ein touristisches Kleinod der Frankfurter Innenstadt, das gerne von Einheimischen und internationalen Besuchern gleichermaßen frequentiert wird. Leider sind die hier angesiedelten Unternehmen kaum sichtbar, da die starren Werbevorschriften der Stadt keinen Spielraum für die unternehmerische Freiheit der Außengestaltung zulassen. Weiteres Kopfzerbrechen bereitet dem Einzelhandel und der Gastronomie der Neuen Altstadt der geplante Umbau der Schirn-Kunsthalle, der voraussichtlich bis 2028 dauern wird. Um die Neue Altstadt als Wirtschaftsstandort weiterzuentwickeln, ist es nötig, diese Themen frühzeitig anzugehen und gemeinsam mit den ansässigen Unternehmen nach Lösungen zu suchen. Darüber hinaus sind Maßnahmen zur Klimaanpassung erforderlich, damit sich die Kunden zu jeder Jahreszeit an diesem wunderbaren Ort wohlfühlen können.“
Hintergrund
Für die Untersuchung der aktuellen Situation der Frankfurter Innenstadt aus Sicht von Besuchern wurden rund 2.000 Passantinnen und Passanten im Herbst 2024 in der Innenstadt von Frankfurt am Main befragt. Um die Perspektive der auswärtigen Kunden aus dem Umland stärker zu beleuchten, wurden dazu die Ergebnisse der Passantenbefragung um eine Online-Umlandbefragung ergänzt: In der ersten Dezemberwoche nahmen rund 1.000 Personen aus Gemeinden im Umkreis von 40 Kilometern um Frankfurt online daran teil. Ziel beider Erhebungen war, Erkenntnisse zum Besuchsverhalten und zur Attraktivität des Zentrums zu gewinnen. Durchgeführt wurden die Befragungen vom Institut für Handelsforschung (IFH KÖLN) im Auftrag der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main, der Stabsstelle Stadtmarketing und der Wirtschaftsförderung Frankfurt.
Für die Untersuchung der aktuellen Situation der Frankfurter Innenstadt aus Sicht von Besuchern wurden rund 2.000 Passantinnen und Passanten im Herbst 2024 in der Innenstadt von Frankfurt am Main befragt. Um die Perspektive der auswärtigen Kunden aus dem Umland stärker zu beleuchten, wurden dazu die Ergebnisse der Passantenbefragung um eine Online-Umlandbefragung ergänzt: In der ersten Dezemberwoche nahmen rund 1.000 Personen aus Gemeinden im Umkreis von 40 Kilometern um Frankfurt online daran teil. Ziel beider Erhebungen war, Erkenntnisse zum Besuchsverhalten und zur Attraktivität des Zentrums zu gewinnen. Durchgeführt wurden die Befragungen vom Institut für Handelsforschung (IFH KÖLN) im Auftrag der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main, der Stabsstelle Stadtmarketing und der Wirtschaftsförderung Frankfurt.
Die Umfrageergebnisse zum Download finden Sie hier:
https://www.frankfurt-main.ihk.de/branchenthemen/einzelhandel-und-handelsvertreter/passantenbefragung-vitale-innenstaedte-5736598
https://www.frankfurt-main.ihk.de/branchenthemen/einzelhandel-und-handelsvertreter/passantenbefragung-vitale-innenstaedte-5736598