Umgestaltung der Eschersheimer Landstraße gefährdet lokale Unternehmen


5. September 2025
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt am Main zeigt sich weiterhin besorgt über die Auswirkungen der Neugestaltung des Straßenraums der Eschersheimer Landstraße auf die dort ansässigen Gewerbetreibenden. Die Unternehmen, die grundsätzlich dem Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur in Frankfurt positiv gegenüberstehen, kämpfen seit der Umgestaltung mit für sie gravierenden Umsatzeinbrüchen von bis zu 40 Prozent. Auch haben sich bei einigen Unternehmern die Kundenzahlen deutlich – um bis zu 30 Prozent – verringert. Die Ergebnisse einer Befragung der IHK aus dem Frühjahr 2025 wurden bei einem Vor-Ort-Termin Ende August, zu dem das Mobilitätsdezernat eingeladen hatte, somit von Gewerbetreibenden bestätigt.
„Uns erreichen Berichte von Unternehmen an der Eschersheimer Landstraße, die aufgrund der Umbaumaßnahmen um ihre Existenz kämpfen. Weniger Park- und Haltemöglichkeiten sorgen bei Vielen für einen Kundenrückgang. Die versprochenen Radkunden, die dies kompensieren sollen, bleiben weitestgehend aus – stattdessen sind seit der Umgestaltung Stammkunden verloren gegangen“, sagt Dr. Alexander Theiss, Geschäftsführer der IHK Frankfurt a. M. „Auch Lieferanten meiden inzwischen einzelne Betriebe, weil die Lieferzonen zu klein oder belegt sind und sich die Verkehrsführung für größere Fahrzeuge als ungeeignet erweist. Dabei stellen die Unternehmen uns gegenüber klar, dass sie den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur grundsätzlich begrüßen, sie allerdings nicht nachvollziehen können, warum ohne vorherige Einbindung der ansässigen Gewerbetreibenden statt einer parallelverlaufenden verkehrsarmen Nebenstraße die Eschersheimer Landstraße, als Hauptverkehrsachse im Dornbusch, umgestaltet wurde.“
Vor Ort stellte das zuständige Mobilitätsdezernat Zahlen zur Entwicklung des Kfz- und Radverkehrs im betreffenden Abschnitt vor. Dabei zeigte sich eine gravierende Diskrepanz zwischen den von der Stadt erhobenen Verkehrsdaten, den daraus gezogenen Schlussfolgerungen und den Alltagserfahrungen der Gewerbetreibenden. Die Stadt Frankfurt interpretiert die Zählungen offenbar so, dass eine nachweisliche Vereinbarkeit mit dem Autoverkehr besteht und dass davon auszugehen ist, dass unter den zusätzlichen Radfahrern neue Kunden für die Unternehmen sind. Die Unternehmer erleben hingegen rückläufige Kundenzahlen, Umsatzeinbrüche und Kundenbeschwerden bezüglich der Umgestaltungsmaßnahme.
Die vom Mobilitätsdezernat vorgestellten Vergleichszählungen stammen im Falle der Eschersheimer Landstraße vom Dezember 2022 und Juni 2025. Im Dezember herrschten mit 4 bis 7 Grad Celsius andere Bedingungen als im Juni bei 23 Grad. Ein Vergleich der Radverkehrszahlen an witterungsbedingt sehr unterschiedlichen Tagen ist für eine Evaluierung ungeeignet. Die im Sommer 2025 dieses Jahres gezählte und nachvollziehbar sehr viel höhere Anzahl an Fahrradfahrern als Erfolg der Maßnahme abzuleiten ist fragwürdig.
Die Haltung des Dezernats, dass diese Verkehrszahlen als Beleg für den positiven Effekt der Maßnahme auf die wirtschaftliche Lage der Unternehmen vor Ort herangezogen werden können und die Berichte der ansässigen Unternehmen nicht ernst genommen werden, wirft die Frage auf, ob dem Mobilitätsdezernat überhaupt an einem konstruktiven Austausch mit der Frankfurter Unternehmerschaft gelegen ist.
IHK-Vizepräsidentin Susanne von Verschuer stellt fest: „An diesem Beispiel wird deutlich, dass in der Verkehrspolitik der Stadt Frankfurt kein Abwägungsprozess zwischen wirtschaftlichen Interessen und verkehrlichen Zielen stattfindet, obwohl ein großer Teil der Verkehre in Frankfurt einen wirtschaftlichen Hintergrund haben. Dies zeigt sich auch an der Terminierung des Vor-Ort-Termins: Wer mit Gastronomen und Einzelhändlern in den Austausch gehen möchte, lädt nicht von 11:30 bis 13:30 Uhr ein. Hier stehen die Gewerbetreibenden meist in ihren Geschäften und betreuen Kunden. Wir fordern, dass die Existenzsorgen und Nöte der betroffenen Gewerbetreibenden ernst genommen werden. Der Beschluss der Stadtverordneten aus dem Jahr 2019, der als Argument für die Umsetzung der Maßnahmen angeführt wird, beinhaltet explizit die Evaluierung der Maßnahmen, deren Ergebnis ausdrücklich auch eine Rückabwicklung sein kann.“
Für künftige Umbau- und Verkehrsplanungen fordert die IHK Frankfurt am Main daher eine frühzeitige und lösungsorientierte Beteiligung der Gewerbetreibenden, bevor solche Maßnahmen kurzfristig umgesetzt werden. Die IHK Frankfurt am Main fordert die Frankfurter Politik auf, die beschlossenen Radverkehrsmaßnahmen zu überdenken und ein alternatives Radverkehrs-Hauptnetz abseits der KFZ-Hauptverkehrsachsen sowie den Einzelhandelsstraßen zu schaffen.
Hintergrund:
Die Stadt Frankfurt hat im Oktober 2024 auf der Eschersheimer Landstraße zwischen Humserstraße und Hügelstraße stadtauswärts eine Kfz-Fahrspur zugunsten eines Radwegs umgewandelt. In diesem Zuge entfielen zusätzlich 18 reguläre Parkplätze und elf Kurzparkplätze. Zudem wurden Ladezonen eingerichtet. Nach Bekanntwerden der Planungen hatte die IHK gemeinsam mit den betroffenen Gewerbetreibenden der Stadt Frankfurt konkrete Vorschläge unterbreitet, wie die Umgestaltung der Straße verträglicher für die Unternehmen ausfallen würde. Diese wurden jedoch mit Verweis auf rechtliche Vorgaben in der weiteren Planung und Umsetzung kaum berücksichtigt.