Die außergerichtliche Schlichtung

Dem Schlichtungsgedanken liegt das Bestreben zugrunde, beide oder auch mehrere Parteien zufrieden zu stellen und damit eine selbst bestimmte Gestaltung ihrer Beziehung zueinander zu erreichen.
Die Streitenden sollen die Möglichkeit erhalten, selbst und unabhängig eine für alle akzeptable Lösung zu erarbeiten, indem sie sich auf ein unvoreingenommenes Gespräch mit dem anderen einlassen, um seine Position zu verstehen. Der bei den Gesprächen anwesende Schlichter, oft auch Mediator genannt, steht nicht als Entscheidungsorgan über den Parteien. Er nimmt vielmehr die Position eines Beobachters und Vermittlers ein.
Es liegt auf der Hand, dass es durch eine außergerichtliche Streitschlichtung eher zu einer dauerhaften Befriedung der Parteien kommen kann, da eine gemeinsame Lösung erarbeitet wird. Eine rechtlich durchaus zutreffende Gerichtsentscheidung kann oft nur wenige Aspekte berücksichtigen und löst möglicherweise Folgekonflikte aus, da hier nur Probleme der Vergangenheit bewältigt werden ohne den Blick in die Zukunft zu richten.

Zur Verdeutlichung zwei Beispiele, bei welchen die Schlichtung (Mediation) der bessere Weg zu sein scheint:
Gesellschafter A, einer von zwei Gesellschaftern des Unternehmens XY, kann mit Gesellschafter B aus verschiedenen, auch persönlichen Gründen nicht mehr zusammenarbeiten und möchte deshalb ausscheiden und seinen Anteil an dem Unternehmen ausbezahlt bekommen. Aufgrund des Gesellschaftsvertrages, der eine lange Kündigungsfrist beinhaltet, ist ein sofortiges Ausscheiden nur aus wichtigem Grund, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt, möglich. A müsste, um sein Interesse durchzusetzen bei einem staatlichen Gericht auf Auszahlung seines Anteils gegen B klagen. Dabei ist es wahrscheinlich, dass bei der Begründung des erforderlichen wichtigen Grundes alles was zu dem Zerwürfnis von A und B geführt hat an die Oberfläche kommt und damit der Öffentlichkeit preisgegeben wird. In einem Schlichtungsverfahren dagegen könnten A und B sich über die Auszahlungsmodalitäten einigen ohne diese Frage im Detail zu klären.

Auch für den Fall einer dauerhaften Geschäftsbeziehung kann die außergerichtliche Streitschlichtung von großem Vorteil sein. Zu nennen ist zum Beispiel ein Streit über die Kosten für die Übersetzung des Benutzerhandbuchs für eine speziell entwickelte Software, wenn gleichzeitig die fortgesetzte Aktualisierung des Programms durch den Entwickler vereinbart ist.
Hier kann sich der Gang zum Gericht für die zukünftige Geschäftsbeziehung der Vertragspartner sehr ungünstig auswirken. Eine gemeinsam erarbeitete und von allen Beteiligten getragene Lösung ermöglicht auch für die Zukunft eine gute Zusammenarbeit.

Warum außergerichtliche Schlichtung?
 
Das Schlichtungsverfahren hat viele Vorteile gegenüber dem Gerichtsverfahren. Die Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Wenn die Parteien es nicht wollen, dringt also nichts von den bestehenden Problemen nach außen. Findet eine Einigung statt, so können Kosten und Zeit gespart werden.
Ein großer Vorteil der Schlichtung ist die absolute Freiwilligkeit der Teilnahme. Die Verhandlungen können jederzeit abgebrochen werden. Der Gerichtsweg steht weiterhin offen.
Der von den Parteien bestimmte Schlichter übernimmt nicht die Rolle einer Entscheidungsinstanz, sondern gibt nur Hilfestellung bei der Ausarbeitung einer Lösung. Die Parteien stehen daher nicht unter dem Zwang auf ihrem Recht zu beharren, weil sie ein Entscheidungsorgan von ihrem Standpunkt überzeugen müssen, sondern können sich ganz auf die zu lösenden Probleme im Zwiegespräch mit dem Geschäftspartner konzentrieren.
Im Gegensatz zu einer Gerichtsverhandlung können alle Aspekte eingebracht werden. Der Vortrag einer Partei muss sich also nicht auf juristisch relevantes beschränken. Sind die Parteien zu Schlichtungssitzungen bereit, führt das deshalb zu einem entspannten Klima, bei dem die Geschäftspartner nie das Gefühl verlieren, „Herren des Verfahrens" zu sein.
Natürlich ist mit der Unverbindlichkeit der Verhandlungen auch das Risiko verbunden, dass nach einiger Zeit die andere Partei doch auf den Gerichtsweg zurückgreift.
Vor der Entscheidung für eine außergerichtliche Schlichtung sollte abgewogen werden, ob sie für den konkreten Fall empfehlenswert ist. Auch hierzu berät die Rechtsabteilung der IHK Frankfurt. Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, ob der Geschäftspartner verhandlungsbereit ist und auch wie wichtig das Aufrechterhalten einer Geschäftsbeziehung ist.


Wie läuft eine außergerichtliche Schlichtung ab?

Voraussetzung für die Durchführung eines außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens ist die Vereinbarung einer Schlichtungsklausel. Diese Vereinbarung kann auch nachträglich getroffen werden.

Das Schlichtungsverfahren orientiert sich zwar nicht an festgelegten Verfahrensregeln, lässt sich aber dennoch in etwa fünf Phasen unterteilen:

  • In der ersten Phase wird den teilnehmenden Parteien das Schlichtungsverfahren erklärt. Ein Schlichtungsabkommen, in dem alle formellen Fragen, wie Ort und Zeit der Sitzungen, Kosten etc geklärt werden, wird geschlossen.
  • In Phase zwei bekommen alle Parteien Gelegenheit, den Kernpunkt des Streites aus ihrer Sicht zu erläutern.
  • Darauf folgt eine dritte Phase, die dazu dient, den jeweils anderen Beteiligten die eigene Sichtweise klarzumachen und so die wesentlichen Streitpunkte herauszuarbeiten.
  • In Phase vier soll dann eine Lösung entwickelt werden.
  • Abschließend wird in Phase fünf die gefundene Lösung schriftlich festgehalten.

Die beschriebenen Phasen müssen nicht in jeweils gesonderten Sitzungen durchlaufen werden, sondern gehen regelmäßig innerhalb einer Sitzung ineinander über.
Es besteht keine Pflicht, sich anwaltlich vertreten zu lassen. Die Gespräche können selbst geführt werden. Eine anwaltliche Beratung kann in manchen Fällen dennoch sinnvoll sein.

 
Die außergerichtliche Schlichtung bei der IHK Frankfurt am Main
 
Die gütliche Beilegung von Streitigkeiten in wirtschaftlichen Angelegenheiten zwischen Unternehmen im Wege des Vergleichs ist von erheblichem wirtschaftlichen Interesse. Aus diesem Grunde unterhält die Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main seit je her verschiedene Einrichtungen der außergerichtlichen Streitbeilegung. Insbesondere wurden mit der Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten und dem Schlichtungsausschuss für Streitigkeiten aus dem Berufsausbildungsbereich über Jahrzehnte durchweg positive Erfahrungen gemacht.

Da auch die Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main sich mit Schlichtungs- und Mediationsverfahren befasst und auf Seiten der Anwaltschaft juristische Experten für viele Rechtsgebiete vorhanden sind, hat die IHK Frankfurt am Main mit der Rechtsanwaltskammer eine Schlichtungsstelle für kaufmännische Streitigkeiten gegründet, für die eine gemeinsame Schlichtungsordnung besteht.