Arbeitszeugnis

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer gemäß § 109 Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung (GewO) einen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses. Handelt es sich um ein Berufsausbildungsverhältnis, ergibt sich dieser aus den §§ 16, 26 BBiG. Bei Geschäftsführern oder anderen Dienstnehmern folgt der Anspruch aus § 630 BGB.

Zweck

Das Arbeitszeugnis hat eine Doppelfunktion. Es dient zum einen dem Arbeitnehmer zu Erleichterung seiner Suche nach einer neuen beruflichen Tätigkeit (sog. Werbefunktion), zum anderen aber auch dem potentiellen zukünftigen Arbeitgeber. Dieser erhält durch das Zeugnis Auskunft über die Fähigkeiten, Erfahrungen oder persönlichen Eigenschaften des Bewerbers (sog. Informationsfunktion).
Zur Gewährleistung dieser Zwecke haben sich in der Rechtsprechung bestimmte Zeugnisgrundsätze etabliert, die bei Ausstellung des Zeugnisses zu beachten sind:

Grundsatz
Bedeutung
Zeugniswahrheit
Das gesamte Zeugnis muss auf wahre Tatsachen gestützt werden.
Zeugnisklarheit
Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein und darf aus Sicht eines objektiven Empfängers keine versteckten Botschaften enthalten,
vgl. § 109 Absatz 2 GewO
Vollständigkeit
Das Zeugnis muss alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung von Bedeutung und für Dritte von Interesse sind.
Einmalige Vorfälle oder Umstände, die für den Beschäftigten oder seine Leistung nicht charakteristisch sind, gehören nicht in das Zeugnis.
Einheitlichkeit
Das Zeugnis umfasst das gesamte Arbeitsverhältnis, nicht nur einzelne Zeitabschnitte oder Aufgaben.
Zeitpunkt der Erteilung
Wann ein Zeugnis zu erteilen ist, richtet sich im Wesentlichen danach, ob es sich um ein Beendigungs- oder ein Zwischenzeugnis handelt. Das Beendigungszeugnis ist gemäß § 109 Abs. 1 S. 1 GewO „bei Beendigung“ des Arbeitsverhältnisses, also zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung oder des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages zu erteilen. Entscheidend ist also, dass der Arbeitnehmer nicht mehr auf Grund des bisherigen Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber tätig wird.

Nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, aber allgemein anerkannt, ist zudem das sogenannte Zwischenzeugnis. Ein solches kommt in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber nicht endet, sondern weiter fortbesteht. Voraussetzung für die Zeugniserteilung ist dann aber ein triftiger Grund, der jedenfalls dann gegeben ist, wenn bei verständiger Betrachtung das Begehren eines Zwischenzeugnisses berechtigt erscheint (zB. Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz, Wechsel des Vorgesetzten). Die Pflicht des Arbeitgebers zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses ergibt sich dann entweder aus dem Tarifvertrag oder im Wege der vertraglichen Nebenpflichten direkt aus dem Arbeitsvertrag.
Form
Das Zeugnis ist schriftlich zu erteilen und eigenhändig zu unterzeichnen. Es muss den Arbeitnehmer vollständig (Vor- und Familienname, akademische Titel) und korrekt identifizieren. Rechtschreibfehler sollten vermieden werden (vgl. LAG Hessen, Beschluss vom 21.10.2014 - 12 Ta 375/14). Darüber hinaus ist es gemäß § 109 Absatz 1 GewO „wohlwollend“ zu verfassen, darf also den Arbeitnehmer nicht ungerechtfertigt an seinem beruflichen Fortkommen hindern. Davon und von den einzuhaltenden Zeugnisgrundsätzen abgesehen, steht die formale Ausgestaltung weitgehend zur Disposition der Parteien. Insbesondere das anzugebende Ausstellungsdatum kann individuell verhandelt werden.
Die Gliederung und Formulierung des Zeugnisses liegt aber regelmäßig im Ermessen des Arbeitgebers. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine abschließende Dankes-, Bedauerns- oder Wunschformel (vgl. zuletzt BAG, Urt. v. 11. 12. 2012 – 9 AZR 227/11).
Inhalt
Der zwingende Zeugnisinhalt ergibt sich aus § 109 Absatz 1 Satz 2 GewO.
1. Dauer des Arbeitsverhältnisses
Das Zeugnis muss zunächst Angaben zu Beginn und Ende eines Arbeitsverhältnisses enthalten. Entscheidend ist allein der rechtliche Bestand, nicht etwa die tatsächliche Aufnahme der Tätigkeit. Mit Einverständnis des Arbeitnehmers dürfen ferner Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses – etwa durch Elternzeit, lange Krankheit oder Freistellung – erwähnt werden. Sie sind jedoch zwingend anzugeben, wenn sie die Aussagekraft der Beurteilung beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung wird regelmäßig dann angenommen, wenn es sich um Unterbrechungen handelt, die hinsichtlich ihres Umfanges mindestens 50% der Dauer des Arbeitsverhältnisses umfassen.
Nicht erforderlich, aber möglich, sind Angaben zu den Beendigungsmodalitäten (also etwa der Art der Kündigung).
2. Art des Arbeitsverhältnisses
Daneben bedarf es einer Tätigkeitbeschreibung des Arbeitnehmers. Auch hier kommt dem Arbeitgeber ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Nicht erfasst sind Tätigkeiten in Betriebs- oder Personalrat, da diese nicht zur Arbeitsaufgabe gehören. Auf Grund ihres engen Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis können sie jedoch einvernehmlich mit in das Zeugnis aufgenommen werden.
3. Leistungs- und Verhaltensbeurteilung
Auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber das Zeugnis gemäß § 109 Absatz 1 Satz 3 GewO auch auf die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis zu erstrecken (sog. qualifiziertes Zeugnis). Hierfür sind Aussagen über die Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten, Geschicklichkeit, Sorgfalt, Einsatzfreude und Arbeitseinstellung des Arbeitnehmers erforderlich. Grundlage der Leistungsbeurteilung sind die tatsächlichen Tätigkeiten sowie das zugrundeliegende Anforderungsprofil. Welche Leistungen und Eigenschaften hierbei besonders hervorgehoben werden, bemisst sich an den Anforderungen der jeweiligen Branche (sog. Zeugnisbrauch).
Beurteilungssystem
Welches Beurteilungssystem der Arbeitgeber heranzieht, ist grundsätzlich ihm selbst überlassen. In der Praxis hat sich das folgende Beurteilungssystem durchgesetzt:
Beurteilung
Zufriedenheitswert
Sehr gut
Stets/durchgehend/immer zu unserer vollsten Zufriedenheit
Gut
Stets/durchgehend/immer zu unserer vollen Zufriedenheit
Befriedigend
Zu unserer vollen/stets zu unserer Zufriedenheit
Ausreichend
Zu unserer Zufriedenheit
Mangelhaft
Im Großen und Ganzen/insgesamt zu unserer Zufriedenheit
Ungenügend
Hat sich (stets) bemüht, die ihm/ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit auszuführen/führte die ihm/ihr übertragenen Aufgaben mit großen Fleiß und Interesse durch

Dauer der Zeugniserstellung
Bis wann ein Zeugnis erstellt werden muss, lässt sich nicht einheitlich beantworten. Maßstab sind hier die Umstände des konkreten Einzelfalls (zB. Art des Arbeitszeugnisses; Dauer, Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit oder besondere betriebliche Vorkommnisse). Üblich dürften für die Erstellung eines einfachen Arbeitszeugnisses Fristen von ein bis drei Tagen, für die Erstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses Fristen von zwei bis drei Wochen sein.
Übermittlung des Zeugnisses
Das Arbeitszeugnis muss von dem Arbeitnehmer in den Räumlichkeiten des Arbeitsgebers abgeholt werden (sog. Holschuld). Eine Pflicht zur postalischen Versendung kommt nur dann in Betracht, wenn die persönliche Abholung durch den Arbeitnehmer für diesen einen unverhältnismäßig hohen Kostenaufwand bedeuten würde, der Arbeitgeber das Zeugnis nicht rechtzeitig erstellt hat oder er auf Grund eines (gerichtlichen) Vergleichs die Pflicht zur Zeugniserteilung übernommen hat.
Zeugnisberichtigung
Hat der Arbeitgeber schuldhaft ein unrichtiges Arbeitszeugnis ausgestellt, steht dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Absatz 1 BGB zu. Er kann im Wege der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) die Aushändigung eines mangelfreien Arbeitszeugnisses verlangen. Hierunter wird die Erteilung eines mindestens befriedigenden Arbeitszeugnisses verstanden. Begehrt der Arbeitnehmer demgegenüber eine gute oder sehr gute Beurteilung, hat er selbst darzulegen und ggf. auch zu beweisen, woraus sich eine solche ergeben soll (vgl. BAG, Urteil vom 18.11.2014 – 9 AZR 584/13).
Erlöschen des Zeugnisanspruchs
Der Anspruch auf Zeugniserteilung kann erloschen sein, wenn tarif- oder individualvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen abgelaufen sind. Daneben verjährt der Anspruch in der regelmäßigen Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB innerhalb von drei Jahren seit dem Schluss des Jahres, in der der Anspruch entstanden und der Arbeitnehmer hiervon Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen.
Überdies ist aber auch eine Verwirkung des Zeugnisanspruchs vor dem Hintergrund des § 242 BGB denkbar. Eine solche dürfte jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Zeugniserteilung über einen längeren Zeitraum hinweg nicht geltend gemacht hat und der Arbeitgeber daher davon ausgehen durfte, dass eine solche auch zukünftig nicht mehr erfolgen wird. Das BAG hat hierfür einen Zeitraum von zehn Monaten ausreichen lassen.

Muster:


Zeugnis

Frau / Herr …, geboren am …, trat am … unserem … ausgerichteten Unternehmen bei.
Frau / Herr … wurde in unserem Unternehmen im Bereich … als … eingesetzt.
Im Laufe ihrer/ seiner beruflichen Weiterentwicklung war sie / er ferner als … / im Bereich … tätig.
Hierbei umfassten ihre / seine Tätigkeiten …

Frau / Herr … war ein motivierter, belastbarer und ausdauernder Mitarbeiter. Sie / er verfügt über gute Berufserfahrung und ihre / seine fachlichen Kenntnisse entsprechen dem aktuellen Stand der Technik.

Frau / Herr … erledigte ihre / seine Arbeiten zielgerichtet, sorgfältig und zu unserer vollsten Zufriedenheit. Ihre / seine Arbeitsergebnisse waren von guter Qualität.

Ihr / Sein Verhalten gegenüber ihren / seinen Kollegen war stets einwandfrei.

Das Arbeitsverhältnis mit Frau / Herrn … wurde zum … im beiderseitigen Einvernehmen beendet.

Wir danken ihr / ihm für die gute Zusammenarbeit und wünschen ihr / ihm für die Zukunft alles Gute.


Ort, Datum
[Unterschrift]
Position des Unterzeichners