Kündigung von Arbeitsverhältnissen

Arbeitsverhältnisse können durch einverständlichen Aufhebungsvertrag, mit Zeitablauf, mit Zweckerreichung oder durch Ausspruch der Kündigung enden.

Die Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung eines Vertragspartners, durch die der Wille zur einseitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck gebracht. Das Recht der Kündigung steht beiden Vertragspartnern zu, für den Arbeitgeber gelten allerdings strengere Voraussetzungen.

Die Kündigung kann als ordentliche (fristgerechte), d.h. unter Einhaltung der gesetzlichen, tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Kündigungsfrist oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes als außerordentliche (fristlose) Kündigung ausgesprochen werden.


Wirksamkeitsvoraussetzungen


Zugang
Anders als beim Aufhebungsvertrag kommt es gerade nicht darauf an, dass beide Parteien mit der Beendigung einverstanden sind. Deswegen ist der Zugang der Kündigung für deren Wirksamkeit ausreichend. Der Zeitpunkt, in dem eine Kündigung zugeht, ist entscheidend für den Beginn der Kündigungsfrist.

  • Für einen Anwesenden geht die Kündigung zu, sobald er sie vernehmen kann und versteht.
  • Einem Abwesenden geht die Kündigung zu, wenn sie so in den Einflussbereich des Empfängers gelangt ist, dass er unter normalen Verhältnissen von ihr Kenntnis nehmen kann. Briefe, die am Abend eingeworfen worden sind, gehen erst am nächsten Tag zu, wenn üblicherweise der Briefkasten geleert wird. Einschreibebriefe gehen erst mit Aushändigung durch die Post zu. Absichtliche Verzögerungen durch den Empfänger verhindern den Zugang nicht. Auch Urlaub wird nicht als Grund für eine Verzögerung anerkannt.

Hinweis:
Aus Beweisgründen ist zu empfehlen, sich den Empfang der Kündigung quittieren zu lassen (Z. B. auf einem Doppel des Kündigungsschreibens). Neben der Möglichkeit des eingeschriebenen Briefes ist anzuraten, den Brief durch einen Boten und einem zusätzlichen Zeugen überbringen zu lassen.

Form
Jede Kündigung eines Arbeitsvertrages bedarf zwingend der Schriftform (§ 623 BGB). Nicht ausreichend ist die signierte E-Mail oder Kündigung per Telefax. Die Angabe von Kündigungsgründen ist bei fristgerechter nicht, bei fristloser Kündigung lediglich auf Verlangen vorgeschrieben. Allerdings können Schadenersatzansprüche entstehen, wenn der Arbeitgeber die Kündigungsgründe nicht mitteilt.

Inhalt
Kündigungserklärungen müssen klar und eindeutig sein. Es muss sich zweifelsfrei ergeben, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewollt ist und wann das Beschäftigungsverhältnis aufgelöst sein soll. Unklarheiten gehen zu Lasten des Kündigenden.

Anhörung des Betriebsrats
Wenn der Betriebsrat vor der Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört wird, ist die Kündigung unwirksam. Der Arbeitgeber hat nicht nur über die Person des Gekündigten und die Art der Kündigung, sondern auch über die Kündigungsgründe zu informieren. Der Betriebsrat kann der außerordentlichen innerhalb von drei Tagen und der ordentlichen Kündigung innerhalb einer Woche widersprechen.

Kündigungsschutz besonderer Personengruppen
Für Personen, die besonders schutzbedürftig sind, bestehen zum Teil Kündigungsverbote bzw. der Arbeitgeber darf nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde kündigen.
Besonders geschützt sind: Schwangere und Mütter (bis zu vier Monaten nach der Entbindung), Arbeitnehmer während der Elternzeit, Schwerbehinderte, Arbeitnehmer während des Grundwehr- oder Zivildienstes, Zeitsoldaten (zweijährige Dienstzeit), Mitglieder des Betriebsrats und eines Betriebsverfassungsorgans (keine Möglichkeit der ordentlichen Kündigung; außerordentliche Kündigung nur mit Zustimmung des Betriebsrats).

Massenentlassung
Das Kündigungsschutzgesetz enthält in den §§ 17 ff. besondere Regelungen für Massenentlassungen. Von einer Massenentlassung ist dann auszugehen, wenn innerhalb von 30 Kalendertagen

  • in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als fünf Arbeitnehmer entlassen werden sollen
  • in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern zehn Prozent der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer entlassen werden sollen
  • in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer entlassen werden sollen.

Bei Massenentlassungen im vorgenannten Sinn ist der Arbeitgeber verpflichtet, vor den geplanten Entlassungen der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats schriftlich Anzeige zu erstatten. Achtung: Nach der Rechtsprechung des EuGH ist bereits die Kündigungserklärung des Arbeitgebers das Ereignis, das als Entlassung gilt.

Die Entlassungen werden vor Ablauf eines Monats nur wirksam, wenn die Agentur für Arbeit zustimmt. Die Agentur für Arbeit kann im Einzelfall bestimmen, dass die Entlassungen nicht vor Ablauf von längstens zwei Monaten nach Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit wirksam werden (§§ 17, 18 Kündigungsschutzgesetz). Werden die Entlassungen nicht innerhalb von 90 Tagen nach dem Zeitpunkt, ab dem sie zulässig sind, durchgeführt, muss eine erneute Anzeige erstattet werden.


Ordentliche Kündigung


Kündigungsschutz nach dem KSchG

Unternehmen, die dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetz unterfallen, unterliegen bei Kündigungen strengeren Voraussetzungen. Kleinstunternehmen, für die das KSchG keine Anwendung findet, bedürfen bei Ausspruch einer ordentlichen Kündigung keines sachlichen Grundes und müssen lediglich Aspekte wie gute Sitten sowie Treu und Glauben beachten.

Das KSchG ist anwendbar, wenn der Betrieb eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigt und das Arbeitsverhältnis des zu kündigenden Arbeitnehmers länger als sechs Monate bestanden hat.
  • Die Vorschriften des KSchG gelten nach der Neuregelung vom 1.1.2004 an erst für Betriebe, die in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer (ausschließlich der Auszubildenden) beschäftigen.
  • Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1.1.2004 begründet worden ist, bleibt es beim alten Schwellenwert von mehr als fünf Arbeitnehmern (ausschließlich der Auszubildenden). Arbeitnehmer, die nach dem 31.12.2003 neu eingestellt worden sind, werden hierbei nicht mitgezählt. Sinkt die Anzahl der "Altbeschäftigten" auf fünf oder darunter, erlischt der Kündigungsschutz und beginnt bei Neueinstellungen erst wieder, wenn der Schwellenwert von zehn Arbeitnehmern überschritten wird.

Als Arbeitnehmer wird gezählt, wer regelmäßig mehr als 30 Stunden in der Woche beschäftigt ist. Teilzeitbeschäftigte werden entsprechend ihrer Wochenarbeitszeit berücksichtigt: bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5; bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75.

Soziale Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung

Das KSchG soll Arbeitnehmer vor sozial nicht gerechtfertigten Kündigungen schützen. Will der Arbeitnehmer gegen die Kündigung vorgehen, muss er innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung vor dem Arbeitsgericht Klage erheben.

Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die

1. in der Person, des Arbeitnehmers liegen oder
2. in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder
3. durch dringende betriebliche Erfordernisse

bedingt ist.

1. Personenbedingte Kündigung
Personenbedingte Kündigungsgründe liegen vor, wenn der Arbeitnehmer objektiv nicht in der Lage ist aufgrund seiner persönlichen, gesundheitlichen oder fachlichen Qualifikation die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

Beispiele:
Nachlassen der Leistungsfähigkeit, fehlende geistige oder körperliche Eignung, fehlende Arbeitserlaubnis, Arbeitsverhinderung wegen Haft, Verlust der erforderlichen Berufsausübungserlaubnis (Führerschein/Flugschein).
Krankheit kann ebenfalls Gegenstand einer personenbedingten Kündigung sein. Diese wird in aller Regel nur dann gerechtfertigt sein, wenn es sich um lang andauernde Arbeitsunfähigkeit oder um häufige Kurzerkrankungen handelt und dem Arbeitgeber nicht länger zugemutet werden kann, die im Zusammenhang mit der Erkrankung einhergehenden betrieblichen und wirtschaftlichen Beeinträchtigungen länger hinzunehmen.

2. Verhaltensbedingte Kündigung
Der verhaltensbedingten Kündigung liegt ein Verhalten des Arbeitnehmers zu Grunde, durch das das Arbeitsverhältnis beeinträchtigt wird. Durch das Verhalten müssen konkrete Störungen im Leistungs- bzw. Vertrauensbereich auftreten. Dies ist insbesondere bei schuldhaften Vertragsverletzungen der Fall.

Beispiele:
Schlechtleistung, Verletzung von Anzeige- und Nachweispflichten im Krankheitsfall, Strafbare Handlungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis (Diebstahl, Betrug), Abwerbung anderer Arbeitnehmer, tätliche Auseinandersetzung, wiederholte Unpünktlichkeit, Arbeitsverweigerung, Beleidigungen, eigenmächtiger Urlaubsantritt etc.

Hinweis:
Vor Aussprache einer verhaltensbedingten Kündigung sind regelmäßig je nach Schwere des Verstoßes eine oder mehrere Abmahnungen gegenüber dem Arbeitnehmer -zu Beweiszwecken zweckmäßigerweise schriftlich- auszusprechen.

Mit der Abmahnung beanstandet der Arbeitgeber ein bestimmtes vertragswidriges Verhalten, fordert den Arbeitnehmer zu zukünftig vertragsgemäßen Verhalten auf und droht ihm im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen an.

3. Betriebsbedingte Kündigung
Der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung setzt voraus, dass dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen. Die unternehmerische Entscheidung beispielsweise aufgrund von Umsatzrückgang, Änderung der Produktionsmethoden, Betriebseinschränkung oder -stilllegung unterliegt nicht der gerichtlichen Kontrolle. Unter Umständen muss der Arbeitgeber aber beweisen, dass der Wegfall des Arbeitsplatzes aufgrund der unternehmerischen Entscheidung erfolgt.
Die Kündigung muss im Interesse des Betriebes dringend erforderlich sein. Daran fehlt es, wenn weniger einschneidende Maßnahmen beispielsweise Kurzarbeit, Abbau von Überstunden, für den Betrieb tragbar sind. Es darf keine anderweitige Möglichkeit der Beschäftigung im Betrieb gegeben sein, selbst wenn hierzu Umschulungen oder Fortbildungen erforderlich sind.

Die betriebsbedingt ausgesprochene Kündigung ist nur sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber eine umfassende Interessenabwägung unter den Arbeitnehmern (Sozialauswahl) vornimmt. Seit 1.1.2004 ist die Sozialauswahl auf folgende Kriterien beschränkt: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.

Von der Sozialauswahl unberücksichtigt bleiben können nunmehr solche Arbeitnehmer, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Erhaltung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes im berechtigten betrieblichen Interesse liegt.

Abfindung
Neu ist auch der Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG, nach dem der Arbeitnehmer einen Anspruch auf 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr erwerben kann, wenn er auf ein arbeitsgerichtliches Kündigungsschutzverfahren verzichtet. Der Anspruch setzt ferner voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf diese Option hinweist.


Außerordentliche Kündigung


Bei der außerordentlichen Kündigung müssen Tatsachen vorliegen, die dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen.
Sie muss schriftlich innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis den der Kündigung zu Grunde liegenden Tatsachen und auf Verlangen unter Angabe von Kündigungsgründen erfolgen. Je nach Art und Schwere des Verstoßes kann eine vorherige Abmahnung erforderlich sein.

Beispiele für eine außerordentliche Kündigung:
beharrliche Arbeitsverweigerung, üble Beleidigungen, Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot, Straftaten gegen den Arbeitgeber etc.

Hinweis:
Bei allen Kündigungen muss der Arbeitnehmer sich frühzeitig, spätestens jedoch drei Monate vor dem vorgesehenen Beendigungszeitpunkt bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über diese Meldepflicht und auf die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung hinzuweisen.

Änderungskündigung
Das Kündigungsschutzgesetz findet ebenfalls bei Änderungskündigungen Anwendung. Dabei wird überprüft, ob die Änderungen -nicht die Kündigung- sozial gerechtfertigt ist. Die Änderungskündigung ist auf Änderung des arbeitsvertraglichen Inhalts gerichtet beispielsweise bei Abbau übertariflicher Zulagen, Lohn, Arbeitszeit etc. Es gibt zwei Varianten der Änderungskündigung:
  • Die Änderungskündigung kann einmal als eine Kündigung unter der Bedingung erfolgen, dass der Arbeitnehmer der Änderung nicht zustimmt.
  • Oder die Änderungskündigung kann als unbedingte Kündigung ausgesprochen werden, verbunden mit dem Angebot eines veränderten Vertragsschlusses.

Der Arbeitnehmer hat verschiedene Reaktionsmöglichkeiten zur Auswahl. Er kann das Änderungsangebot annehmen, dann hat sich der Arbeitsvertrag einvernehmlich geändert. Oder er kann innerhalb der Dreiwochenfrist Kündigungsschutzklage erheben. Wenn er den Rechtsstreit verliert, ist durch Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet. Gewinnt er, bleibt es bei den alten arbeitsvertraglichen Regelungen.
Der Arbeitnehmer kann jedoch auch das neue Vertragsangebot des Arbeitgebers unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung des Arbeitsvertrages nicht sozial ungerechtfertigt ist. Wenn der Arbeitnehmer den Prozess verliert, gelten die neuen Bedingungen. Gewinnt er, bleibt es bei den alten Arbeitsbedingungen.
 
Hinweis:
Die Änderungskündigung hat wegen dem Ultima-Ratio-Prinzip der Rechtsprechung grundsätzlich Vorrang vor der Beendigungskündigung. Wenn sich eine Beendigungskündigung durch Änderungskündigung vermeiden lässt, muss der Arbeitgeber zunächst von diesem milderen Mittel Gebrauch machen.
Da die Änderungskündigung eine echte Kündigung ist, gelten zum Beispiel Formvorschriften, Kündigungsfristen und besonderer Kündigungsschutz gleichermaßen.