Bürokratieabbau im Steuerrecht – überfällig!
Die IHK Frankfurt am Main hat zwölf Vorschläge zum Bürokratieabbau im Steuerrecht vorgelegt und mit dem Hessischen Finanzministerium diskutiert. Was soll wie vereinfacht werden? Und welche Reaktionen zeigt das Ministerium?
Addiert man die Anzahl der Worte aller Gesetzestexte, so erkennt man den Umfang der Bürokratisierung in einem Land. Der gesamte Textumfang deutscher Gesetze ist in den letzten Jahren weiter angewachsen. Die Anzahl der Einzelnormen erhöhte sich von 44.216 (2014) auf 52.155 im Jahr 2024, eine Steigerung um rund 18 Prozent. Die Folgen sind klar: Mehr Gesetzesnormen benötigen wiederum mehr Menschen, die diese Vorschriften zur Kenntnis nehmen und auslegen. Die Kosten für den Steuerzahler steigen.
Zu hohe Bürokratielasten im Steuerrecht für die Wirtschaft
Das deutsche Umsatzsteuergesetz zum Beispiel umfasst derzeit rund 80 Einzelnormen. Hinzu kommt ein so genannter Anwendungserlass mit Ausführungen auf über 800 Seiten Aus Sicht der IHK Frankfurt sollten die Vorschriften im Steuerrecht deutlich einfacher ausgestaltet werden als im bestehenden System. Übertriebene Einzelfallgerechtigkeit führt zu einer zu hohen Anzahl an Worten und Regelungen und damit zu einer zu hohen Bürokratisierung. Und in der direkten Folge wiederum zu Wachstumsschwäche, wie Forschungsberichte für Deutschland zeigen. Der Normenkontrollrat schreibt in seinem Jahresgutachten 2024, dass Bürokratismus Innovationskraft kostet, produktive Ressourcen bindet und die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und auch der Verwaltung schmälert.
Nach Ansicht der IHK Frankfurt sollte die Wirtschaft - insbesondere im Steuerrecht – wesentlich von Bürokratie entlastet werden. Die IHK Frankfurt hat deshalb zwölf Vorschläge zum Bürokratieabbau im Steuerrecht formuliert (siehe hier) und mit dem Hessischen Finanzministerium diskutiert. Folgend werden drei Vorschläge ausführlicher dargestellt.
Erster Vorschlag der IHK: Steuernummer für Unternehmen in Hessen abschaffen
Das Nebeneinander von Steuer-ID, Steuernummer, Umsatzsteuer-ID und Wirtschafts-IdNr. führt zu unnötigem bürokratischem Aufwand in den Unternehmen. Bei Sitzverlegungen oder Neuordnungen innerhalb der Finanzverwaltung werden neue Steuernummern vergeben, wodurch wiederum Umstellungsaufwand in den Unternehmen verursacht wird.
Lösungsvorschlag der IHK: Aus Sicht der Unternehmen reichen zwei Nummern zur eindeutigen Identifikation. Die hessische Landesregierung kann unabhängig von der Bundesfinanzverwaltung oder anderen Bundesländern zeitnah die Abschaffung der Steuernummer für Hessen umsetzen. Auf Rechnungen sollte künftig statt der Steuernummer die Wirtschafts-IdNr. als Pflichtangabe oder – wie bisher auch – die USt-IdNr. anzugeben sein. Als Entlastungseffekte bei einer Umsetzung des Vorschlags ergeben sich ein geringerer Verwaltungsaufwand und damit Kostenersparnis auf Seiten der Unternehmen.
Reaktion des hessischen Finanzministeriums: Das Ministerium sieht derzeit keine Möglichkeit, zeitnah die Steuernummer in Hessen abzuschaffen, da die Vergabe der Wirtschafts-IdNr. bis in das Jahr 2026 andauern werde.
Zweiter Vorschlag der IHK: Fragebogen zur steuerlichen Erfassung vereinfachen
Der Fragebogen zur steuerlichen Erfassung enthält viele Fragen, die nur in sehr wenigen Ausnahmefällen relevant sind, beispielsweise zur Gründungsform der Gesellschaft, zur Bauabzugsteuer oder zur umsatzsteuerlichen Organschaft. Diese Fragen werden von vielen Existenzgründern nicht verstanden. Viele Existenzgründer sind auch von zahlreichen der im Fragebogen genannten Themen nicht betroffen. Die Steuerberater können bei den Fragen aufgrund fehlender Kapazitäten häufig nicht weiterhelfen oder werden aus Kostengründen von Existenzgründern nicht zu Rate gezogen.
Lösungsvorschlag der IHK: Das Land Hessen sollte erreichen, dass der Fragebogen zur steuerlichen Erfassung auf wenige, einfach verständliche Fragen reduziert wird. Angaben zu Sondersachverhalten sollten nur in der Steuererklärung abgefragt werden. Die Verständlichkeit des (digitalen) Fragenkatalogs der ELSTER-Steuererklärung ist zu verbessern, die EÜR-Rechnung zu vereinfachen. Fragen, die für den Steuerpflichtigen nicht einschlägig sind, sollten sich beim Ausfüller des ELSTER-Programms erst gar nicht öffnen. Als Entlastungseffekte bei einer Umsetzung des Vorschlags ergeben sich ein geringerer Verwaltungsaufwand und damit Kostenersparnis auf Seiten der Unternehmen.
Reaktion des hessischen Finanzministeriums: Das Ministerium verweist darauf, dass es sich beim Fragebogen zur steuerlichen Erfassung als auch bei der dazugehörigen Anleitung um bundeseinheitliche Dokumente handele. Das Land Hessen könne somit bei der Gestaltung nicht allein handeln. Hessen werde jedoch anregen, den Fragebogen auf Verständlichkeit hin zu prüfen.
Dritter Vorschlag der IHK: Vereinfachung und Digitalisierung der Kommunikation mit der Finanzverwaltung
Der digitale Austausch großer Datenmengen zwischen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung läuft in Deutschland nicht optimal. Jedes Bundesland und das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) haben ein eigenes System (in Hessen z.B. ist es das kostenpflichtige System „Hessen Drive“ und beim BZSt die „BZSt-Cloud“). Das Land Hessen spricht bei „HessenDrive“ von einem unkomplizierten und sicheren Austauschverfahren für Dateien zwischen Personen innerhalb der Landesverwaltung sowie mit externen Dritten. Das System „HessenDrive“ ist jedoch wenig benutzerfreundlich bspw. hinsichtlich der Dokumentation und Ablage übermittelter Dokumente.
Lösungsvorschlag der IHK: Der komplette Datenaustausch bzw. die Kommunikation zwischen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung sollte über ein einheitliches System wie z.B. die „BZSt-Cloud“ erfolgen. Dies würde die Anmeldung, die Datenpflege und die Datenüberwachung für beide Seiten erheblich vereinfachen. Künftig sollte ein direkter E-Mail-Austausch mit dem zuständigen Finanzbeamten mit Versandmöglichkeit von Unterlagen eingeführt werden. Zudem sollte ein direkter Dialog des Steuerpflichtigen mit der Finanzverwaltung durch Videokonferenzen ermöglicht werden. Als Entlastungseffekte bei einer Umsetzung des Vorschlags ergeben sich eine Beschleunigung der Verfahren und damit eine Kostenersparnis für die Finanzverwaltung und für Unternehmen.
Reaktion des hessischen Finanzministeriums: Das Ministerium äußert, dass die „BZSt-Cloud“ eine Cloudanwendung einer Bundesbehörde sei. Der Nutzung einer länderübergreifenden Daten-Cloud stünden erhebliche rechtliche Bedenken entgegen. Das System „HessenDrive“ als querschnittliches Verfahren des Landes Hessen biete hingegen ein Maximum an Datenschutz und Datensicherheit. Das Programm sei zudem kostengünstiger als die Verwendung der „BZSt-Cloud“. Auch würden technische Verbesserungsmöglichkeiten vom Land Hessen stetig geprüft.