Der Vertragshändler

Wer unter Dauervertrag Waren kauft und sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiterverkauft, ist weder Kommissionär noch Handelsvertreter, sondern Vertragshändler bzw. Einzelhändler.
1. -Der Vertragshändler: Begriff
Ein Vertragshändler ist ein rechtlich selbstständiger Unternehmer, der sich vertraglich derart an einen Hersteller bindet, dass er Waren nach der Konzeption des Herstellers vertreibt und den Absatz fördert. Er handelt dabei im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und trägt das wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit. Dadurch unterscheidet er sich grundlegend von einem Handelsvertreter, welcher Geschäfte für andere Unternehmen vermittelt und sie in deren Namen abschließt. 
Der Vertragshändlervertrag kommt zwischen einem Lieferanten oder Hersteller (Unternehmer) und dem Vertragshändler als Rahmenvertrag zustande. Aus diesem Rahmenvertrag gehen für die beteiligten Partien die grundlegenden Pflichten und Rechte hervor.
Im Gegensatz zum Handelsvertretervertrag wurde der Vertragshändlervertrag nicht gesetzlich geregelt. Er weist Elemente eines Dienstvertrages mit zugrundeliegender entgeltlicher Geschäftsbesorgung auf, sodass die §§ 611, 675 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angewendet werden. Zudem wendet die Rechtsprechung einige Vorschriften über den Handelsvertretervertrag analog auf den Vertragshändler an, wenn dieser derart in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingebunden ist, dass er wirtschaftlich in einem weitem Umfang aufgaben zu erfüllen hat, die einem Handelsvertreter zukommen. 
Indizien für eine handelsvertreterähnliche Einbindung in die Absatzorganisation können vor allem die folgenden sein: 
  • Alleinvertriebsrecht des Vertragshändlers in einem bestimmten Verkaufsgebiet
  • Verpflichtung des Vertragshändlers zum ausschließlichen Vertrieb von Produkten des Unternehmers
  • Wettbewerbsverbot des Vertragshändlers zur Nutzung der Marke des Unternehmers 
  • Mindestabnahmepflichten
  • Vorhaltung eines Waren- und Ersatzteillagers
  • Pflicht zur Erbringung von Kundendienstleistungen
  • Weisungs-, Kontroll- und Überwachungsbefugnisse des Unternehmers
  • Pflicht zur Befolgung von Vorgaben für die Einrichtung der Geschäftsräume des Vertragshändlers
  • Schulung des Verkaufspersonals

2. -Ansprüche des Vertragshändlers
Neben etwaigen individual-vertraglichen Ansprüchen (wie z.B. auf Ersatz von Aufwendungen und Kosten oder den Rückkauf von Ersatzteillagern) können gesetzliche Ansprüche des Vertragshändlers gegen den Lieferanten oder Hersteller in Betracht kommen. 
Ausgleichanspruch
Grundsätzlich besteht kein Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers. Der Handelsvertreter hingegen erhält nach § 89b HGB bei Beendigung des Vertragsverhältnisses einen nachvertraglichen Ausgleichsanspruch. Denn der Unternehmer profitiert regelmäßig über das Bestehen des Handelsvertretervertrages hinaus von den Kundenbeziehungen, welche der Handelsvertreter vermittelt hat, während der Handelsvertreter nach der Vertragsbeendigung keinen Anspruch mehr auf eine Provision hat. 
Der Vertragshändler hingegen erhält keine Provision, sondern eine Vergünstigung auf den Endkundenpreis, sodass ihm die Gewinnmarge zuzüglich etwaiger Boni verbleibt. Zudem hat der Vertragshändler einen eigenen Kundenstamm, welcher unabhängig vom Bestehen des Vertragshändlervertrags mit dem Lieferanten oder Hersteller bei ihm verbleibt. 
Ist der Vertragshändler jedoch derart in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingebunden, dass er Aufgaben eines Handelsvertreters erfüllt, und ist er bei Vertragsbedingung zur Überlassung der Kundendaten an den Hersteller oder Lieferanten verpflichtet, erhält er einen Ausgleichsanspruch gegen diesen in analoger Anwendung des § 89b HGB. Eine derartige Einbindung in die Absatzorganisation kann durch Konkurrenzverbote oder Gebietsschutzklauseln erfolgen, die abschließende Beurteilung unterliegt jedoch der Prüfung im Einzelfall. Die Pflicht zur Überlassung des Kundenstamms kann sowohl ausdrücklich in der Rahmenvereinbarung geregelt sein als auch konkludent durch eine regelmäßige Handhabung begründet werden.
Auskunftsanspruch
Darüber hinaus kann der Vertragshändler bei verbotenem Wettbewerb des Unternehmers einen Auskunftsanspruch nach §86a HGB analog geltend machen. die Beurteilung, ob ein verbotener Wettbewerb vorliegt, ist anhand des Vertragshändlervertrages und des Umfangs der Einbindung des Vertragshändlers in die Absatzstrukturen vorzunehmen. 
Hingegen erhält der Vertragshändler grundsätzlich nicht den Auskunftsanspruch des Handelsvertreters aus §87 c HGB über alle Geschäfte, für die ihm eine eigene Provision gebührt. eine Anwendung der Vorschrift auf den Vertragshändler käme nur in Betracht, wenn dieser eine provisionsähnliche Vergütung für ohne Mitwirkung des Unternehmers ausgeführte Geschäfte erhält. Grundsätzlich weicht die Ausgestaltung der Vergütung des Vertragshändlers über die Gewinnmarge, jedoch grundlegend von der Vergütung durch Provision ab, sodass der Vertragshändler besondere Umstände vortragen müsste, die eine Anwendung des §87 c HGB ermöglichen könnten. 
Aufwendungsersatzanspruch bei Handelsüblichkeit
Nach § 87 d HGB analog kann der Vertragshändler auch einen Ersatzanspruch für regelmäßig im Geschäftsbetrieb entstehende Aufwendungen gegen den Unternehmer haben, wenn die Erstattung dieser handelsüblich ist. 
Schadensersatzanspruch bei außerordentlicher Kündigung
Ist der Vertragshändler unter den obenstehenden Voraussetzungen einem Handelsvertreter vergleichbar, erhält er zudem einen Schadensersatzanspruch gegen den Unternehmer in analoger Anwendung des § 89 a HGB. Hat der Unternehmer ein Verhalten zu vertreten, hat das zur außerordentlichen Kündigung berechtigt und ist dem Vertragshändler durch die fristlose Kündigung des Vertragshändlervertrags ein Schaden entstanden, kann er diesen von dem Unternehmer ersetzt verlangen.