Finanztransaktionssteuer schadet Finanzplatz und Realwirtschaft


27. September 2019
Digitalisierung, Regulierung und Kostendruck fordern die Finanzbranche heraus. Hinzu kommt das Minuszinsregime der EZB, das nicht nur Anlegern und Sparern mehr und mehr Renditechancen nimmt, sondern insbesondere die Erträge der Banken schmälert. In diesem Zusammenhang würde die Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTT) in Europa das von ihren Befürwortern propagierte Ziel, die Finanzmärkte zu stabilisieren, deutlich verfehlen und vielmehr erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten. Obwohl die EU-Mitgliedstaaten sich in der vergangenen Dekade nicht auf einen praktikablen gemeinsamen Vorschlag für diese neue Steuer haben einigen können, wollen zehn EU-Finanzminister demnächst erneut einen Versuch unternehmen. Eine solche Einführung lehnen IHK Frankfurt am Main sowie Vertreter des Finanzplatzes Frankfurt einhellig ab und warnen vor den Risiken für Finanzplatz und die Unternehmen der Realwirtschaft.
„Die IHK Frankfurt am Main als Vertreterin des wichtigsten deutschen Finanzplatzes sieht sich in der Pflicht, abermals auf die Risiken hinzuweisen und vor der Einführung dieser Steuer zu warnen. Die Folgen hätten nicht nur die rund zehn Millionen Anleger zu tragen, die in Deutschland Aktien besitzen. Vielmehr würde die gesamte Altersvorsorge darunter leiden, wenn die Finanzinstitute die zusätzliche Steuerlast an die Anleger weitergeben, denn in einer Niedrigzinsphase ist die Aktienanlage, neben Immobilien, die attraktivste Altersvorsorge. Auch Unternehmen, die ihre betrieblichen Altersvorsorgemaßnahmen auf Zinserträgen aus Kapitalmarktprodukten aufbauen, werden mit dieser Steuer signifikant belastet. Behindert wird insbesondere auch die Unternehmensfinanzierung – denn unternehmerisches Engagement und privates Kapital finden dann noch schlechter als bisher zusammen. Weniger liquide Märkte erschweren es den Unternehmen, Eigenkapital über die Börse einzusammeln und so Expansions- und Innovationsvorhaben zu finanzieren oder Krisenpuffer aufzubauen. Dies verschlechtert die Investitionsbedingungen und wirkt sich negativ auf Wachstum und Beschäftigung aus“, so Ulrich Caspar, Präsident der IHK Frankfurt am Main. Auch führe die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nicht zu Steuermehreinnahmen. Vielmehr drohe sogar ein Minusgeschäft, weil der erhebliche administrative Einführungs- und Erhebungsaufwand anfalle und die Verlagerung des Geschäfts an ausländische Märkte eine Verringerung der Körperschaft- und Gewerbesteuer bewirken werde, wie Erfahrungen in anderen Staaten gezeigt hätten.
Dr. Lutz Raettig, Präsident von Frankfurt Main Finance e.V., sagte: „Die Finanztransaktionssteuer ist keine gute Idee. Gerade in Zeiten, da die Europäische Union mit London ihren größten Kapitalmarkt zu verlieren droht, belastet diese Steuer die europäische Wirtschaft und den Finanzplatz Frankfurt."
Bernd Gegenheimer, Vorsitzender des Vorstands der ICF Bank AG, sagte: „Falls Finanzintermediäre, Liquiditätsspender, Skontroführer, Spezialisten und Market Maker ebenfalls von der europäischen Finanztransaktionssteuer betroffen wären, würde dieser Umstand für einige Unternehmen existenzbedrohend sein. Market Maker spenden an deutschen Börsen Liquidität. Erst durch diese Funktion der Market Maker ist ein reibungsloser Handel mit schneller Ausführung der Wertpapierorder möglich. Diese Unternehmen würden durch die geplante Einführung der EU-Finanztransaktionssteuer mit mehreren Millionen Euro pro Jahr belastet werden. Um diesem Umstand entgegenzuwirken, könnten diese Unternehmen die verbindlichen An- und Verkaufspreise an den Börsen verschlechtern.
Die Einführung der französischen Finanztransaktionssteuer im Jahre 2012 hatte die Folge, dass der Börsenumsatz um 15 bis 20 Prozent einbrach. In Frankreich wurden Aktienkäufe weniger getätigt oder synthetisch über Derivate nachgebildet. Ich erwarte eine ähnliche Entwicklung für Deutschland, sofern die EU-Finanztransaktionssteuer eingeführt wird. Zudem halte ich die EU-Finanztransaktionssteuer auf Aktienkäufe für fragwürdig, wenn man bedenkt, dass Aktiengeschäfte weniger als zehn Prozent aller Finanzgeschäfte in Deutschland ausmachen.“