Wirtschaftliche Rahmenbedingungen hinterlassen Spuren auf dem Gewerbeimmobilienmarkt im IHK-Bezirk


18. Oktober 2023
Die wirtschaftlichen und konjunkturellen Entwicklungen und das gestiegene Preisniveau machen den Unternehmen zu schaffen und haben Spuren auf dem Gewerbeimmobilienmarkt im IHK-Bezirk Frankfurt am Main hinterlassen.
„Das Marktgeschehen ist aufgrund der aktuellen Gemengelage aus geopolitischen Spannungen, konjunktureller Wachstumsschwäche und hoher Inflation mit in der Folge steigenden Zinsen und Finanzierungskosten deutlich ausgebremst. Auf der einen Seite sind die Unternehmen bei der Anmietung von neuen Flächen verhaltener, auf der anderen Seite schrumpft das verfügbare Angebot – auch, weil die Baudynamik zum Teil stark nachgelassen hat“, sagt Ulrich Caspar, Präsident der IHK Frankfurt am Main, anlässlich der Veröffentlichung des Gewerbemarktberichtes 2022 der Frankfurter Immobilienbörse bei der IHK Frankfurt am Main. „Darüber hinaus sind es auch strukturelle Veränderungsprozesse – beispielsweise die zunehmende Digitalisierung, welche die Attraktivität von Homeoffice und Onlineshopping erhöht – die den Markt beeinflussen. Daher ist der quantitative Flächenumsatz in allen Segmenten im Verlauf der ersten Jahreshälfte zurückgegangen“, so Caspar weiter.

Flächenumsatz bei Büroimmobilien deutlich unter dem Durchschnitt
Mit einem Flächenumsatz von rund 385.000 Quadratmetern lag das Anmietungsniveau auf dem Frankfurter Büromarkt im Jahr 2022 deutlich sowohl unter dem Vorjahresergebnis von 450.000 Quadratmetern als auch unter dem zehnjährigen Durchschnitt (540.000 Quadratmeter). Diese Tendenz setzt sich auch im ersten Halbjahr 2023 fort, zum ersten Mal seit 2006 wurde im Verlauf der ersten Jahreshälfte kein Großabschluss oberhalb der 10.000-Quadratmeter-Marke getätigt. Dadurch ergibt sich für das erste Halbjahr 2023 ein Flächenumsatz von lediglich rund 174.000 Quadratmetern. Die Banken und Unternehmen aus der Finanzdienstleistungsbranche waren mit einem Anteil von zusammen 20 Prozent die Umsatzstärksten in den ersten sechs Monaten.
Bei der Mietpreisentwicklung sehen die Expertinnen und Experten der Frankfurter Immobilienbörse zwei Tendenzen: Während die Mieten bei Neuanmietungen im qualitativen Top-Segment in den präferierten Lagen leicht gestiegen sind, geben selbige bei Büroimmobilien im Bestand und modernisierungsbedürftigen Flächen nach. In Frankfurt liegen die monatlichen Mieten im Schwerpunkt im Bankenviertel bei 33 Euro, in der City bei 25 Euro und in Gateway Gardens bei 19 Euro pro Quadratmeter. Im Hochtaunuskreis beläuft sich die Spanne des Mietpreisniveaus von 4,50 Euro in Schmitten und Weilrod bis hin zu 17 Euro pro Quadratmeter in Bad Homburg. Im Main-Taunus-Kreis liegen die höchsten Mieten bei 11 Euro in Flörsheim und Kriftel bis hin zu 14 Euro pro Quadratmeter in Bad Soden, Hattersheim und Hofheim.
Helmut Christmann, Vorstandsvorsitzender der Frankfurter Immobilienbörse bei der IHK Frankfurt am Main, zu den Entwicklungen: „Aktuell lässt sich eine Fokussierung der Unternehmen auf hochwertige Flächen beobachten. Daher werden nach wie vor moderne Bürokonzepte mit großzügigen Arbeitsplätzen, Ruhe- und Konferenzbereichen nachgefragt, nicht zuletzt wegen ihrer Bedeutung für die Mitarbeitergewinnung und -bindung in Zeiten eines akuten Fachkräftemangels“. 

Weiterhin angespannte Lage auf dem Einzelhandelsmarkt
Die Situation auf dem Markt für Einzelhandelsimmobilien ist bundesweit weiterhin angespannt. Viele Innenstädte weisen einen hohen Leerstand auf, die Ladenschließungen summieren sich seit der Coronapandemie. In Frankfurt sind die Auswirkungen zuletzt unter anderem auf der Zeil, im Bahnhofsviertel sowie in manchen Einkaufszentren wie dem Skyline Plaza an der Messe spürbar.
Auf der Zeil war das Mietniveau von Einzelhandelsimmobilien im vergangenen Jahr bereits von 310 auf 280 Euro pro Quadratmeter gesunken. Im Verlauf der ersten Jahreshälfte wurden weitere Preisrückgänge registriert. In den 1-b- und Nebenlagen variieren die Preise für Einzelhandelsflächen je nach Lage und Ausstattung zwischen 25 und 115 Euro pro Quadratmeter. „Steigende Preise und schwache Konjunkturerwartungen sorgen dafür, dass die Umsatzerwartungen für die kommenden Monate deutlich zurückgehen. Die anhaltend hohe Inflationsrate hat bei der Kundschaft zu einem zurückhaltenden Konsumverhalten und damit auch zu einer geringeren Nachfrage geführt. Für die nächste Zeit ist keine Trendwende absehbar. Neben Geschäftsaufgaben und Leerständen, die insbesondere in der Stadt Frankfurt die Folge einer schlechteren Erreichbarkeit der Unternehmen durch zahlreiche Straßensperrungen sind, dämpft auch das Preisniveau für Einzelhandelsimmobilien in der Region“, fasst IHK-Präsident Caspar die Marktlage zusammen.
Auch in einigen Städten in den Landkreisen im IHK-Bezirk wachsen die Leerstände und vereinzelt wurden moderate Preisrückgänge – dies betrifft die Städte Bad Homburg, Eschborn, Kelkheim und Schwalbach – bei den Schwerpunktmieten registriert. In den von der Kernstadt Frankfurt am Main entfernten Städten und Gemeinden werden Einzelhandelsflächen für unter 10 Euro pro Quadratmeter vermietet und erreichen im Hochtaunuskreis in Toplagen in Bad Homburg bis zu 50 Euro und in Oberursel bis zu 25 Euro pro Quadratmeter. Im Main-Taunus-Kreis werden mit 24 Euro pro Quadratmeter in Bad Soden die höchsten Mietpreise für Einzelhandelsflächen erzielt.
„Warenhäuser und großflächige Einzelhandelsformate verlieren zunehmend an Bedeutung und es finden auf den Einkaufsstraßen in der Region verstärkt Umwidmungen – in Freizeit-, Event-, Büro- oder Hotelflächen – statt. Analog zu den Entwicklungen bei den Büroflächen beobachten wir auch bei den Einzelhandelsimmobilien, dass es für moderne, ebenerdige und direkt nutzbare Flächen in zentralen und in den 1-a-Lagen, beispielsweise auf der Zeil, rege Nachfrage und Verhandlungen gibt“, so der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Immobilienbörse, Helmut Christmann.
Angebotsengpass bei Logistikflächen verschärft sich
Nach dem Rekordergebnis des Jahres 2021 mit 775.000 Quadratmetern Flächenumsatz hat der Logistikflächenmarkt in FrankfurtRheinMain im Jahr 2022 mit einem Umsatzvolumen von knapp 350.000 Quadratmetern das schwächste Ergebnis der letzten Jahre erzielt und lag weit unter dem 10-Jahres-Durchschnitt von rund 620.000 Quadratmetern. Im ersten Halbjahr 2023 summiert sich der Flächenumsatz auf bislang rund 140.000 Quadratmeter und liegt damit noch unter dem bereits gedämpften Vorjahresergebnis. Die Durchschnittsmiete für Logistik- und Produktionsflächen bis 5.000 Quadratmeter in Frankfurt am Main liegt – abhängig von Lage und Qualität – bei 6,50 Euro. In Flughafennähe kann die Miete bis zu 9 Euro pro Quadratmeter betragen.
„Die zentrale Marktbremse sind die fehlenden Grundstücke für den Neubau und das Vorhandensein adäquater Bestandsimmobilien. Dadurch verlängern Unternehmen aufgrund fehlender Expansionsmöglichkeiten verstärkt ihre bestehenden Mietverträge, was zu einer abnehmenden Fluktuation auf dem Logistikflächenmarkt geführt hat“, erläutert Helmut Christmann. „Dennoch gilt: An vielen Standorten besteht durch Erweiterungsbedarfe ansässiger Unternehmen und überregionaler Ansiedlungsinteressierter eine hohe Nachfrage nach Gewerbe- und Industrieflächen sowie Produktionsstandorten. Daher braucht es dringend eine Baulandoffensive seitens der Politik“, fordert Christmann abschließend.
„Ohne die seit Jahren überfällige Erhöhung der Flächen für Gewerbe, Industrie und Verkehrswege wird sich die Angebotsknappheit im IHK-Bezirk Frankfurt vor dem Hintergrund einer abnehmenden Bautätigkeit weiter verschärfen“, fasst IHK-Präsident Caspar die Entwicklungen auf dem Gewerbeflächenmarkt zusammen. „Im Angesicht von steigenden ESG-Anforderungen, energetischen Vorgaben, New Work und dem Wettbewerb um Fach- und Arbeitskräfte steigt die Nachfrage der Endkunden nach hochwertigen Flächen in allen Segmenten. Die Ausweisung von Bauland und die Entwicklung von marktfähigen und schnell verfügbaren Gewerbe- und Industrieflächen ist für die wirtschaftliche Weiterentwicklung essenziell. Daher sollte die Politik jetzt wirksame und zukunftssichere Entscheidungen treffen“, fordert Caspar abschließend.
Der Gewerbemarktbericht der Frankfurter Immobilienbörse bei der IHK Frankfurt am Main gibt einen Überblick über die Marktpreise für Büro-, Einzelhandels-, Logistik- und Produktionsflächen im IHK-Bezirk Frankfurt am Main. Der vollständige Marktbericht kann unter Gewerbemarktbericht - Gewerbeflächen im IHK-Bezirk kostenfrei heruntergeladen werden.