BGH zur Fortführung einer GbR: Kein Alleingang ohne klare Regelung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 29. Oktober 2024 (Az. II ZR 222/21) entschieden, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nicht automatisch von einem einzelnen Gesellschafter allein (als Einzelunternehmer) fortgeführt werden kann, wenn dies nicht ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag geregelt ist.

Sachverhalt

Zwei Rechtsanwälte führten gemeinsam eine Kanzlei in der Rechtsform einer GbR. Einer der beiden kündigte die Gesellschaft und schied zum Jahresende aus. Der verbleibende Gesellschafter wollte daraufhin die Gesellschaftskonten bei der Bank auf sich allein umschreiben lassen. Die Bank lehnte dies mit Verweis auf die unklare Rechtslage ab.
Grundlage der Auseinandersetzung war eine Fortführungsklausel im Gesellschaftsvertrag (§ 18): Diese sah vor, dass die Gesellschaft bei Ausscheiden eines Gesellschafters fortbesteht, sofern mindestens zwei Gesellschafter verbleiben. - Dies galt auch für den Fall der Kündigung eines Gesellschafters. Eine ausdrückliche Regelung zur Fortführung durch nur einen verbleibenden Gesellschafter fehlte.

Rechtliche Bewertung durch den BGH

Der BGH stellte klar:
Eine Fortführungsklausel in einer GbR greift nicht automatisch, wenn nur noch ein Gesellschafter verbleibt.
Denn:
  • Eine GbR ist eine Personengesellschaft nach § 705 BGB - sie setzt mehrere Gesellschafter voraus.
  • Scheidet ein Gesellschafter aus und verbleibt nur noch ein Gesellschafter, wird die GbR automatisch beendet bzw. liquidiert und das Vermögen unter den ehemaligen Gesellschaftern aufgeteilt.
  • Das Vermögen der GbR geht dabei nicht automatisch auf den letzten Gesellschafter über, es sei denn, dies wurde vereinbart.
Die im vorliegenden Fall verwendete Fortsetzungsklausel setzt nach Wortlaut und Sinn mindestens zwei verbleibende Gesellschafter voraus. Da dies nicht der Fall war, trat keine automatische Fortführung der Gesellschaft ein, sondern es musste durch Auslegung der Klausel der Wille der Gesellschafter ermittelt werden, ob eine Fortführung der Gesellschaft durch den einen verbleibenden Gesellschafter gewollt war. Die Sache wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Praktische Bedeutung


Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Gestaltung von GbR-Verträgen, insbesondere bei kleinen Unternehmen, Start-ups, Kanzleien oder Praxen:
  • Eine automatische Fortsetzung der GbR durch den letzten Gesellschafter ist nicht möglich, wenn der Gesellschaftsvertrag keine entsprechende Regelung enthält.
  • Wer sichergehen will, dass das Unternehmen beim Ausscheiden aller anderen Gesellschafter vom verbleibenden Gesellschafter (als Einzelunternehmer) fortgeführt werden kann, muss dies ausdrücklich im Vertrag festhalten.
  • Ohne klare Regelung drohen in der Praxis Unsicherheiten und rechtliche Blockaden, etwa bei Bankkonten, Vertragsverhältnissen oder gegenüber Behörden.

Fazit

Fazit Mit seinem Urteil vom 29. Oktober 2024 hat der Bundesgerichtshof betont, dass die Fortführung einer GbR durch einen einzelnen Gesellschafter (dann als Einzelunternehmer) nur dann möglich ist, wenn der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich zulässt. Für die Praxis bedeutet dies, dass eine vorausschauende und eindeutige vertragliche Gestaltung unerlässlich ist, um die Handlungsfähigkeit und den Fortbestand eines Unternehmens in Krisensituationen zu sichern.
Weitere Informationen über eine GbR: ⁣BGB-Gesellschaft - IHK Frankfurt am Main