Alles was recht ist

Urteile und Fakten zum Thema Berufsbildung. Unter anderem Informationen zur Ausbildungsvorbereitung für Benachteiligte

Weiterbeschäftigung eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hatte darüber zu entscheiden, ob es für einen Arbeitgeber unzumutbar ist, einen Jugend- und Auszubildendenvertreter in einem nach Beendigung der Ausbildung kraft Gesetzes begründeten Arbeitsverhältnis weiterzubeschäftigen.

Der Arbeitgeber hatte beabsichtigt, einen Auszubildenden und Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Dies teilte er dem Auszubildenden drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses mit. Gleichwohl beantragte der Auszubildende seine Weiterbeschäftigung. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gilt mit dem Zugang einer derartigen Erklärung zwischen dem Auszubildenden und dem Arbeitgeber im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet. Der Arbeitgeber rief jedoch fristgerecht das Arbeitsgericht an. Sein Antrag hatte in zwei Instanzen Erfolg.

Das LAG Köln stellte fest, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung grundsätzlich dann unzumutbar ist, wenn im Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses im Ausbildungsbetrieb kein freier Arbeitsplatz vorhanden ist, auf dem der Auszubildende mit seiner durch die Ausbildung erworbenen Qualifikation beschäftigt werden kann.

Es wurde in diesem Zusammenhang auch untersucht, ob der Arbeitgeber eine unternehmensweite Beschäftigungsmöglichkeit hätte prüfen müssen. Das Gericht verneinte dies und kam zu dem Ergebnis, es sei lediglich auf den Ausbildungsbetrieb abzustellen. Dazu wurde ausgeführt, dass eine Beschränkung auf den Ausbildungsbetrieb nicht etwa dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) widerspräche, da sich dessen Schutz auf bereits bestehende Ausbildungsverhältnisse beziehe. Die entsprechende Regelung des Betriebsverfassungsgesetztes (BetrVG) habe aber nur die Übernahme eines Auszubildenden und damit die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand. Ferner würde gegen die Einbeziehung anderer Ausbildungsbetriebe aber auch der Umstand sprechen, dass in dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht lediglich eine Beteiligung der Belegschaftsvertretung des Ausbildungsbetriebes vorgesehen sei.

Neben dem Landesarbeitsgericht Köln (Beschluss v. 4.9.1996, Az. 2 TaBV 25/96) haben auch die Landesarbeitsgerichte Baden-Württemberg (Beschluss v. 16.6.1996, Az. 8 TaBV 2/96) und Schleswig-Holstein (Beschluss v. 10.5.1996, Az. 6 TaBV 16/95) sowie das Sächsische Landesarbeitsgericht (Beschluss v. 3.11.1995, Az. 3 (6) TaBV 8/95) dahingehend entschieden, dass der Arbeitgeber nur eine betriebsbezogene Beschäftigungsmöglichkeit zu prüfen hat.

Die Landesarbeitsgerichte Niedersachsen (Beschluss v. 26.4.1996, Az. 16 TaBV 107/95), Rheinland-Pfalz (Beschluss v. 5.7.1996, Az. 3 TaBV 6/96), München (Beschluss v. 17.9.1996, Az. 1 TaBV 19/96) und Berlin (Beschluss v. 5.2.1996, Az. 17 TaBV 8/95) haben dagegen auf eine unternehmensbezogene Prüfung abgestellt.

Berufsausbildungsvorbereitung für Benachteiligte

Die Einführung der Berufsausbildungsvorbereitung in das Berufsbildungsgesetz ist Teil einer Reform, die im zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt geregelt wurde.

Jugendliche und junge Erwachsene, die aus unterschiedlichen Gründen für eine Berufsausbildung noch nicht in Frage kommen, haben dadurch Chancen, eine Ausbildung aufzunehmen.

Vorrangiges Ziel ist, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Schritt für Schritt an eine Berufsausbildung heranzuführen, ihre Schwächen auszugleichen und ihre Stärken zu fördern. Neue Strukturen, wie die Einführung von Qualifizierungsbausteinen sollen dabei eine verbesserte Transparenz und Verwertbarkeit der erworbenen Qualifikationen bei der Bewerbung um ein Ausbildungsverhältnis sicherstellen.

Qualifizierungsbausteine beinhalten Qualifikationen, die aus den Ausbildungsordnungen anerkannter Ausbildungsberufe entwickelt werden und nach einem einheitlich vorgegebenen Muster von der IHK bescheinigt werden müssen. Die neuen Regelungen können damit auch die Anrechnung der Qualifikationen auf eine anschließende Berufsausbildung erleichtern.

Die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes eröffnen den Betrieben die Möglichkeit, Berufsausbildungsvorbereitung in eigener Verantwortung durchzuführen. Betriebe können mit Teilnehmern an der Berufsausbildungsvorbereitung Qualifizierungsverträge abschließen, in deren Rahmen betriebliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten vermittelt werden. Damit werden die Teilnehmer frühzeitig in die betriebliche Praxis eingebunden; die Tätigkeit in der beruflichen Wirklichkeit wird zusätzliche Motivation schaffen.
Die IHK Frankfurt am Main hat mit den Projekten Partnerschaft zwischen Unternehmen und Hauptschulen führen und Einstiegsqualifizierungen bereits seit längerer Zeit erfolgreiche Vorarbeit geleistet.

Berufsschule und Ausbildungszeit

Das Bundesarbeitsgericht hat zum Aktenzeichen 5 AZR 413/99 entschieden, dass Berufsschulunterricht auch "Arbeit" ist. Im entschiedenen Fall wollte der Ausbildende nur die reine Unterrichtszeit anrechnen, was zur Folge gehabt hätte, dass ein Auszubildender neben 25 Unterrichtsstunden weitere 23 Stunden im Betrieb hätte sein müssen. Das Bundesarbeitsgericht hat darauf abgestellt, dass die Zeit, die der Auszubildende in der Berufsschule verbringt, vom Arbeitgeber voll auf die wöchentlich zu leistende Ausbildungszeit im Betrieb angerechnet werden muss, und zwar einschließlich der Berufsschulpausen und der An- und Abfahrt.


Kein Zuschussgeschäft: Ausbildung in den Betrieben

Der Nutzen der Ausbildung lässt sich in Euro und Cent ausdrücken: Betriebe, die selbst ausbilden, haben handfeste geldwerte Vorteile und investieren in die Zukunft. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Befragt wurden rund 2500 Ausbildungsbetriebe zu den Kosten und Nutzen der Ausbildung. Der gemeinsame Nenner lautet: Ausbildung lohnt sich.

Geht man zum Beispiel von Bruttovollkosten pro Auszubildenden pro Ausbildungsjahr von 16.435 EUR (im Durchschnitt über alle Branchen) aus, stehen diesem Betrag produktive Leistungen des Auszubildende in Höhe von 7.730 EUR gegenüber, so dass sich Nettovollkosten von 8.705 EUR ergeben. In den Vollkosten sind die Personalkosten der in der Ausbildung tätigen Mitarbeiter enthalten. Diese Kosten würden auch ohne eigene Ausbildung anfallen. Die Teilkostenbilanz sieht deshalb noch günstiger aus: Sie vermindert sich brutto auf 10.178 EUR und netto auf 2.448 EUR. Die Teilkosten zeigen die tatsächlichen Kosten der Unternehmen.

Wer selbst ausbildet, muss weniger externe Fachkräfte einstellen. Die in der BIBB-Studie befragten Betriebe beziffern die Rekrutierungskosten pro Fachkraft auf 5.765 EUR. Die gesamten Nettokosten für eine drei Jahre lang selbst ausgebildeten Mitarbeiter betragen 7.344 EUR. Die Ausbildungskosten sind somit rein rechnerisch 1.579 EUR höher als die Kosten für Suche und Einarbeitung eines Externen. Doch zu den reinen Rekrutierungskosten addieren sich Nutzen, die nicht direkt in Geldbeträgen bezifferbar sind. Sinkendes Fehlbesetzungsrisiko, kein Mangel an Fachkräften oder beispielsweise auch Verbesserung des betrieblichen Images.


Abmahnungen bei Auszubildenden

Ein Ausbildender hat in seiner Abmahnung Konsequenzen für die Wiederholung des abgemahnten Verhaltens anzukündigen. Damit eine Abmahnung vor Gericht Erfolg hat, muss sie bestimmten Anforderungen an Aufbau und Inhalt genügen:

1. Genaue Schilderung des Sachverhalts
Die Abmahnung sollte immer so geschrieben werden, dass ein fremder Dritter, der mit dem Sachverhalt nichts zu tun hat, erkennen kann, worum es geht.

2. Eindeutige Wertung des Verhaltens als Vertragsverletzung
Der Ausbildungsbetrieb spricht damit sein Urteil über das Fehlverhalten, er dokumentiert und beweist die Pflichtverletzung für einen spätren Prozess oder andere streitige Auseinandersetzungen.

3. Aufzählung der verletzten Pflichten
Sie erinnert den Auszubildenden an seine vertraglichen Pflichten und weist ihn darauf hin, dass er sie in Zukunft ordentlich zu erfüllen hat.

4. Aufforderungen zu künftigem vertragsgemäßen Verhalten
Es ist sinnvoll, dem Auszubildenden eine genaue Handlungsanleitung mit auf den Weg zu geben. Er muss allein aus der Abmahnung erkennen können, was in Zukunft von ihm erwartet wird.

5. Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen
Warnt den Auszubildenden vor weiterem vertragswidrigen Verhalten und kündigt konkrete Folgen für die Wiederholung des abgemahnten Verhaltens an, daher sind die in Aussicht gestellten Konsequenzen am besten gleich so genau anzudrohen, wie man sie später realisieren will.

Verlängerung des Berufsausbildungsverhältnisses bei Nichtbestehen der ersten Wiederholungsprüfung

Das BAG hat in einem Urteil vom 15.03.2000 einen Fall entschieden, in dem der Kläger die Zahlung von Ausbildungsvergütung für die Zeit nach der ersten nicht bestandenen Wiederholungsprüfung fordert.

Der Kläger absolvierte bei der Beklagten eine Ausbildung zum Bürokaufmann. Er bestand die Abschlussprüfung nicht. Auf sein Verlangen wurde das Berufsausbildungsverhältnis fortgesetzt. Die erste Wiederholungsprüfung bestand der Kläger ebenfalls nicht. Mit einem Schreiben verlangte er die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses bis zur zweiten Wiederholungsprüfung. Dem Verlangen kam die Beklagte nicht nach. Sie hat die Auffassung vertreten, das Ausbildungsverhältnis habe mit dem Monat der nicht bestandenen ersten Wiederholungsprüfung sein Ende gefunden. Eine weitere Verlängerung sehe das Berufsbildungsgesetz nicht vor.

Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass das Berufsausbildungsverhältnis als befristetes Rechtsverhältnis mit Ablauf der Zeit endet, für die es eingetragen ist. Hiervon ist eine Ausnahme für den Fall vorgesehen, dass der Auszubildende die Abschlussprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit besteht. In diesem Fall endet das Berufsausbildungsverhältnis mit dem Bestehen der Abschlussprüfung. Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit nicht und stellt er ein entsprechendes Verlangen, verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung. Wird diese Prüfung bestanden, endet das Ausbildungsverhältnis. Gleiches gilt, wenn sie nicht bestanden wird und der Auszubildende kein Verlängerungsverlangen stellt. Wird die erste Wiederholungsprüfung nicht bestanden und stellt der Auszubildende ein Verlängerungsverlangen, verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis bis zur zweiten Wiederholungsprüfungen, wenn diese noch innerhalb der Höchstfrist von einem Jahr nach Ablauf der vertraglich vorgesehenen Ausbildungszeit abgeschlossen wird. Die Beendigungswirkung tritt unabhängig davon ein, ob die zweite Wiederholungsprüfung bestanden oder nicht bestanden wird. Die Fortsetzung eines nicht mehr erfolgreich zu beendenden Ausbildungsverhältnisses ist sinnlos, weil eine dritte Wiederholungsprüfung gesetzlich nicht vorgesehen ist.
 

Änderungen im Mutterschutzrecht

Für alle Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis, gilt das Mutterschutzgesetz. Das Gesetz betrifft alle Formen eines Beschäftigungsverhältnisses und ist damit auch auf Auszubildende, Praktikantinnen, Teilzeitkräfte, Heimarbeiterinnen sowie auf Beschäftigte in Probe- und Aushilfsarbeitsverhältnissen anzuwenden. Das Mutterschutzgesetz wurde an europäisches Recht angepasst.

Schutzfrist bei vorzeitigen Entbindungen
In den letzten sechs Wochen vor sowie acht Wochen nach der Entbindung gilt ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot. Nach Anpassung des MuSchG an die EG-Mutterschutzrichtlinie ist die Schutzfrist von mindestens 14 Wochen grundsätzlich einzuhalten. Wird ein Kind vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin geboren, verlängert sich daher die Schutzfrist in jedem Fall um die nicht in Anspruch genommenen Tage. Zweifelsfälle wie nach früherem Recht können somit nicht mehr entstehen.

Anspruch auf Mutterschaftsgeld
Der Gesetzgeber hat aber nicht nur die Schutzfrist einheitlich gestaltet. Im Falle einer verlängerten Schutzfrist erhalten die Frauen auch für den Verlängerungszeitraum Mutterschaftsgeld und gegebenenfalls auch den Arbeitgeberzuschuss. Arbeitgebern, die an der Lohnausgleichskasse teilnehmen und die entsprechenden Umlagen gezahlt haben, können für diese Zeiträume Arbeitgeberzuschüsse der Krankenkassen erhalten.

Weitere Beschäftigungsverbote
Nach der früheren Rechtslage konnte eine Mutter auf die Schutzfrist nach der Entbindung verzichten, wenn das Kind nach der Entbindung verstarb. Nun ist eine Beschäftigung in den ersten zwei Wochen nach der Entbindung bei Tod des Kindes grundsätzlich nicht mehr zulässig. Danach ist ein Verzicht nur bei Vorlage einer ausdrücklichen Erklärung möglich. Die Erklärung kann später gegenüber dem Arbeitgeber jederzeit widerrufen werden. Voraussetzung für eine Beschäftigung vor Ablauf der Schutzfrist ist ein ärztliches Zeugnis, aus dem sich ergibt, dass aus medizinischer Sicht nichts gegen die Tätigkeitsaufnahme spricht.

Erholungsurlaub
In der Vergangenheit kam es in der betrieblichen Praxis regelmäßig zu Streitigkeiten, wie Zeiten der Beschäftigungsverbote bei der Urlaubsberechnung zu berücksichtigen waren. Diese Frage stellt sich nach der letzten Änderung des § 17 MuSchG nicht mehr. Zeiten der Beschäftigungsverbote werden nun bei der Urlaubsberechnung wie Beschäftigungszeiten gewertet. Der Arbeitnehmerin steht also der gleiche Urlaubsanspruch zu, den sie bei Ausübung ihrer Beschäftigung gehabt hätte. Konnte die Arbeitnehmerin ihren Erholungsurlaub, gleich aus welchem Grund, vor Beginn des Beschäftigungsverbots nicht oder nur unvollständig in Anspruch nehmen, verfällt der Anspruch nicht. Sie kann den Urlaub nach dem Ende der Fristen in diesem oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.

Verdienstkürzungen
Änderungen haben sich auch bei der Berechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts bei Beschäftigungsverboten und des Arbeitgeberzuschusses für die Dauer der Schutzfristen ergeben. Bisher waren nur Vergütungsänderungen in die Verdienstberechnung einzubeziehen, die während der Schutzfristen wirksam wurden und das Entgelt nicht nur vorübergehend erhöhten. Dies gilt nun ebenfalls für dauerhafte Verdienstkürzungen, wenn sie während oder nach Ablauf des Berechtigungszeitraums eintreten und nicht auf einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot beruhen. Kurzarbeit, Arbeitsausfälle oder unverschuldete Arbeitsversäumnis bleiben dagegen bei der Berechnung außer Betracht und können nicht zu Verdienstkürzungen führen.